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Eigenanteil bei 2.400 Euro, Rente bei 1.500 Euro – wie soll das funktionieren?

Die Rentnerinnen und Rentner, die 35 Jahre eingezahlt haben, erhalten im Durchschnitt 1.550 Euro brutto monatlich. Das geht aus einem Vorauszug des Rentenatlas hervor, den die Deutsche Rentenversicherung am 10. Juli in Berlin veröffentlicht hat. Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil im Pflegeheim steigt unterdessen jedes Jahr.

Foto: Adobe Stock/ Alexander Raths Die durchschnittliche Rente reicht für den durchschnittlichen Eigenanteil, den Bewohner:innen im Pflegeheim bezahlen müssen, nicht aus.

Dass die Mitarbeitenden seit September 2022 auf Tarifniveau bezahlt werden müssen, hat die Lage vieler Bewohnerinnen und Bewohner noch weiter verschärft. Einrichtungsleitungen berichten von immer mehr pflegebedürftigen Menschen, die Sozialhilfe beantragen müssen.

Laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) lagen die einrichtungseinheitlichen Eigenanteile (EEE) Mitte November 2022 um durchschnittlich 21 Prozent höher als rund ein Jahr zuvor. “Der seit mehreren Jahren zu beobachtende Kostenanstieg in der stationären Pflege – bereits in den letzten fünf Jahren waren beim EEE jährlich Erhöhungen zwischen 11 und 14 Prozent zu verzeichnen – spitzt sich damit nochmals zu”, schreibt die AOK dazu in einer Pressemeldung vom November letzten Jahres.

Selbst zu tragende Kosten bei 2.400 Euro, Rente bei 1.500 Euro – selbst mit Entlastung nicht zu stemmen

Zum 1. Januar 2023 waren nach Daten des Verbands der Ersatzkassen im ersten Jahr im Heim im bundesweiten Schnitt 2.411 Euro im Monat selbst zu zahlen (inkl. 5 Prozent Zuschlag auf den EEE im ersten Jahr), 278 Euro mehr als Anfang 2022. Davon 857 Euro für Unterkunft und Verpflegung, 472 Euro Investitionskosten und 1.082 Euro EEE. Dem Gegenüber bekommen laut aktuellem Rentenatlas Rentner aus Nordrhein-Westfalen nach 35 Beitragsjahren im Landesschnitt 1.845 Euro und stehen damit finanziell am besten da, am schlechtesten niedersächsische Rentnerinnen mit 1.267 Euro.

Wenn die Kosten für das Leben im Pflegeheim die durchschnittliche Rente – wohlgemerkt nach 35 Beitragsjahren – schon um fast 1.000 Euro übersteigt, wundert einen die steigende Zahl der Sozialhilfeempfänger:innen in den Einrichtungen nicht. Selbst mit einer Entlastung von 15 Prozent im ersten Jahr im Pflegeheim ab Januar 2024 werden die Pflegebedürftigen, wenn man von 1.100 Euro EEE ausgeht, nur um 165 Euro entlastet. Der/dem Durchschnittsrentner:in fehlen dann im ersten Jahr immer noch rund 700 Euro monatlich, um die Kosten alleine von der Brutto-Rente zu stemmen, ausgehend von der Netto-Rente also noch wesentlich mehr.

Pflegeheime berichten von immer mehr Sozialhilfe-Fällen

Dass die Mitarbeitenden auf Tarifniveau bezahlt werden, stößt in der Branche auf breite Zustimmung. Doch die kürzlich verabschiedete Pflegereform reicht nicht aus – auch da ist sich die Branche einig.

In einer Pressemitteilung des Bundesverbands der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB) vom 5. Juli berichtet Ina Wasilkowski, Geschäftsführerin der Greizer Senioren und Pflegeheim gGmbH: “Schlussendlich sollen unsere Bewohner nun monatlich weitere 580 mehr zahlen und ich kann diese Erhöhungsverlangen kaum noch vermitteln und auch nicht mehr vertreten, zumal keinem Bewohner und seinen Angehörigen die Pflegesatzsystematik wirklich erklärbar ist.” Die Steigerung des Eigenanteils der Heimbewohner resultiere überwiegend aus den Personalkosten durch Tarifanpassungen an den aktuellen Tarifstand des TVÖD mit Inflationsausgleichsgeld und der Steigerung der Tabellenentgelte ab 03/2024 sowie irregulären Preissteigerungen in allen Bereichen der Sachkosten mit Ausnahme der Energiekosten, heißt es auf Nachfrage der Redaktion.

Ein BKSB-Mitglied reagierte sofort auf die Pressemitteilung und schrieb, diese Erhöhung sei “noch harmlos”. Das Mitglied habe “jetzt Ankündigungen von bis zu 800 – 1200 Euro Mehrkosten” verschicken müssen und allen Bewohnern, die noch keine Sozialhilfe bekommen, “dringend empfohlen, vorsorglich Anträge zu stellen”. Den Kommunalpolitikern sei nicht bewusst gewesen, was da durch die Gesetzesänderungen an Mehrkosten auf den Kreishaushalt zukommt, so das Mitglied weiter.