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SGB XI: Vergütungskürzung auch bei Unterschreitung der Personalschlüssel oder der verhandelten Personalkosten möglich!

Sie kennen das Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften nicht? Als Betreiber eines Pflegeheims sollten Sie das am 28.07.2017 verkündete Gesetz unbedingt lesen! Auch wenn der Name dies nicht vermuten lässt, hat die Bundesregierung mit diesem Gesetz einige ganz wesentliche Nachbesserungen am SGB XI vorgenommen.

Tillmann Roman
- Roman Tillmann, rosenbaum nagy

Im § 115 SGB XI wurden die Absätze 3a und 3b ergänzt, mit denen nun explizit klargestellt wird, dass die Pflegevergütung auch bei Unterschreitung der vereinbarten Personalausstattung und Nichtbezahlen der verhandelten Gehälter des Pflegepersonals gekürzt werden kann. Bisher war eine Kürzung der Pflegevergütung nur im Falle einer nicht qualitätsgerechten Leistungserbringung möglich.

Die Formulierungen sind so gewählt, dass nicht nur der "planmäßige und zielgerichtete Verstoß" gegen die Einhaltung der Personalausstattung zu Kürzungen führen kann. In diesem Fall, wenn die Unterschreitung quasi vorsätzlich herbeigeführt wurde, kann sogar die Kündigung des Versorgungsvertrags die Folge sein. Aber auch eine "nicht nur vorübergehende Unterschreitung" der Personalausstattung kann zu Kürzungen führen – also auch dann, wenn sie durch Lücken im Controlling gar nicht bemerkt wird. Aus diesem Grund bekommt die zeitnahe und sorgfältige Personalsteuerung eine noch größere Bedeutung.

Wir empfehlen daher, die Personalsteuerungsinstrumente zu überprüfen und zu schärfen. Dabei sollte der Fokus nicht nur auf das nachgelagerte Controlling gelegt werden, sondern auch eine prospektive Personalsteuerung eingeführt werden: Im laufenden Dienstplanungsprozess sollte ständig eine Überprüfung der verplanten Personalstunden der Pflegemitarbeiter mit den aus den Pflegepersonalschlüsseln umgerechneten Netto-Anwesenheitsstunden erfolgen – idealerweise direkt integriert in der Dienstplansoftware (Netto-Prinzip). So kann sichergestellt werden, dass am Ende tatsächlich die Personalschlüssel eingehalten wurden und nicht plötzlich unerwartete Überstunden das Ergebnis verhageln. Zusätzlich sollte ein Abgleich des Pflegepersonals mit den aus dem Personalschlüsseln abgeleiteten Soll-Stellen erfolgen (Brutto-Prinzip). Dabei sollten auf- oder abgebaute Überstunden sowie nicht genommener Urlaub in Vollzeitstellen umgerechnet werden. Zusätzlich ist – insbesondere mit Inkrafttreten der neuen Regelung – zu empfehlen, die durchschnittlichen Personalkosten pro Vollzeitstelle als Kennzahl in das Controlling aufzunehmen. Denn zukünftig besteht auch hier ein Kürzungsrisiko. Nach der Einführung der Einheitlichen Eigenanteile mit dem PSG II sollte zudem berechnet werden, welche Deckungsbeiträge oder -lücken in den einzelnen Pflegegraden entstehen. Denn anders als im früheren System führt die Berechnungslogik der einheitlichen Eigenanteile nicht automatisch zu einer Deckung der Personalkosten – auch wenn die Personalschlüssel exakt eingehalten werden.

Wie genau die Überprüfung der Einhaltung der Personalausstattung oder der verhandelten Personalkosten von statten gehen soll, wird noch ausgearbeitet. Die Vertragsparteien vereinbaren bis zum 01.01.2018 das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung. Die Vereinbarung wird dann sofort nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger zu Beginn des folgenden Monats für alle Pflegeeinrichtungen gelten. Es bleibt also spannend!