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Keine fristlose Kündigung bei Mitnahme vom kranken Kind zur Arbeit
Das Arbeitsgericht Siegburg stellte mit Urteil vom 04.09.2019 (Az. 3 Ca 642/19) fest, dass eine Altenpflegefachkraft, die während ihrer Arbeitszeit ihre kranken und betreuungsbedürftigen Kinder ins Seniorenheim mitnimmt, zwar gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, diese Pflichtverletzung aber noch keine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Die Klägerin war als Altenpflegefachkraft bei der Beklagten angestellt und befand sich in dem Zeitraum, in dem sie ihre erkrankten Kinder zeitweise mit ins Altenheim mitnahm, noch in der Probezeit. Kurze Zeit nach ihren Kindern erkrankte die Klägerin selbst an Grippe und erschien aufgrund einer entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht am Arbeitsplatz. Nachdem der Arbeitgeber von der Mitnahme der kranken Kinder ins Seniorenheim erfahren hatte, kündigte er der Altenpflegefachkraft umgehend und fristlos. Gegen diese fristlose Kündigung erhob die Altenpflegefachkraft eine Kündigungsschutzklage und bestand auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.
Das Arbeitsgericht Siegburg gab der Klägerin Recht und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern erst mit Ablauf der in der Probezeit geltenden zweiwöchigen Kündigungsfrist beendet worden war. Auch wenn die Mitnahme von erkrankten Kindern eine klare Pflichtverletzung der Klägerin darstellte, hätte sie ihr Arbeitgeber – insbesondere, weil auch keine anderen Gründe für eine fristlose Kündigung vorlagen – zunächst abmahnen müssen.
Auch wenn in diesem geschilderten Fall die Einsatzbereitschaft der betroffenen Altenpflegefachkraft zunächst positiv erscheint, ist es gerade wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr für ältere Patienten mehr als problematisch, wenn Arbeitnehmer ihre kranken Kinder in ein Seniorenheim mitnehmen. Natürlich besteht in diesen Situationen für Arbeitnehmer ein auf zehn Tage im Jahr begrenzter Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung gemäß § 45 Abs. 3 S. 1 SGB V. Um Arbeitnehmer zusätzlich zu entlasten, könnten Altenheimbetreiber jedoch darüber nachdenken, alternative Ausweichmöglichkeiten zur Betreuung erkrankter Kinder zu schaffen, um ihren Arbeitnehmern so die Möglichkeit zu geben, ihrer Arbeitstätigkeit weiter nachzugehen, wenn sie möchten.
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