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Jeder Tag ist Frauentag!

“Jeder Tag ist Frauentag!” – das habe ich gestern als Graffiti auf einem Berliner S-Bahn-Wagen gelesen. Ja, an manchen Orten ist das so. Nämlich in der Pflege. Da ist der Frauenanteil extrem hoch. Und wie sieht’s mit der Gleichberechtigung aus?

Elisabeth Scharfenberg
- Elisabeth Scharfenberg, Politikerin

Am 8. März feierten wir wieder den Internationalen Frauentag. In Berlin dieses Jahr zum ersten Mal als offiziellen Feiertag. An diesem Tag wird auch an die Frauen erinnert, die vor 100 Jahren für Gleichberechtigung von Mann und Frau gekämpft haben. Und damit im November 1918 Frauen endlich ermöglicht haben, an Wahlen teilzunehmen. Wählen können bedeutet auch "gewählt werden können". Und da sind wir im Hinblick auf den Frauenanteil in unserem jetzigen Bundestag in einen Tal der Tränen angekommen. Gerade mal knapp 31 % der Abgeordneten sind da Frauen.

"Verfassungsauftrag zu Gleichstellung erfüllen – Frauenanteil im Deutschen Bundestag erhöhen", das forderte die Linksfraktion ihrem gleichnamigen Antrag im Bundestag am Donnerstag, den 8. November 2018, zum 100. Jahrestag des deutschen Frauenwahlrechts. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Gleichberechtigung auf dem Papier ist eben doch etwas anderes als im realen Leben.

Und wie sieht das an Orten aus, wo der Frauenanteil sehr hoch ist? In der Pflege sind drei Viertel der professionell Pflegenden weiblich. Der Pflegeberuf war historisch immer schon in Frauenhand, denken wir nur an die Ordensschwestern. Aber unsere Gesellschaft hat sich verändert: Heutzutage ist Pflege ein professioneller Beruf wie jeder andere, mit Arbeitsbedingungen, die der familiären Situation gerecht werden, angemessener Bezahlung und gleichen Aufstiegschancen für Männer und Frauen. Sollte man meinen. Insbesondere, da hier Fachkräfte verzweifelt gesucht werden. Wo Arbeitgeber sich bewerben müssen, können diejenigen, deren Kompetenzen gefragt sind, Forderungen stellen.

  • Wo also bleiben die Arbeitszeiten, die mit den Öffnungszeiten einer Kita vereinbar sind? Denn ja, auch den Löwenanteil unbezahlter Arbeit in familiärer Sorge und Pflege übernehmen derzeit noch Frauen. Und auch Alleinerziehende müssen eine Chance haben, in der Pflege zu arbeiten.
  • Wo bleibt die berufliche Förderung, das Angebot an Aufstiegschancen schon im Bewerbungsgespräch? Wo sind die Frauen in Führungspositionen?
  • Wann wird dieser Beruf endlich angemessen entlohnt? Denn dass er anstrengend ist – emotional und körperlich – steht außer Frage. Ebenso die Tatsache, dass Pflegende viel Fachwissen besitzen und eine hohe Verantwortung tragen.

Es wird Zeit, dass wir Frauen laut werden und diese Forderungen stellen. Und das nicht nur am Frauentag, sondern im Alltag. Denn oft arbeiten wir in Teilzeit und in Berufen, die geringer bezahlt werden. Das sind pädagogische, soziale oder auch pflegerische Berufe. Gleichzeitig sind diese Berufe genau diejenigen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Da steht die Pflege im demografischen Wandel ganz weit oben. Es wird Zeit, dass dies auch die männlich dominierte Politik begreift. Und auch die Arbeitgeber in der Pflege.