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Im Norden frustrierter?

“In Schweden sind Pflegekräfte noch frustrierter” lautete kürzlich der Titel eines Gastbeitrags in der ZEIT, geschrieben von Ursula Engelen-Kefer, der langjährigen DGB-Vize-Vorsitzenden und früheren Chefin der Bundesagentur für Arbeit. Thema war ein Vergleich der Situation der Altenpflege zwischen Schweden und Deutschland. Ihr Fazit lautet: Schweden kann in vielerlei Hinsicht ein Vorbild sein, aber trotzdem klagen Pflegekräfte dort stärker über die hohe Arbeitsbelastung – und das, obwohl der Personalschlüssel dort viel besser ist als hierzulande.

- Elisabeth Scharfenberg, Politikerin

Eine Erklärung ist für Frau Engelen-Kefer, "dass die Beschäftigten dort viel höher qualifiziert sind, durchgängig im Beruf bleiben und wegen der höheren Vollzeitarbeit auch größere Anforderungen an die Qualität ihrer eigenen Arbeit stellen. Überspitzt formuliert hieße das: Eine hohe Qualifikation kann auch zu Frust führen".

Das ist in meinen Augen eine durchaus gewagte Theorie. In Schweden haben die meisten in der Pflege Beschäftigten eine akademische Bildung. Es gibt Bachelorstudiengänge, Masterprogramme sowie weiterführende Studiengänge bis zur Habilitation, die für einen Pflegeberuf qualifizieren. Nun, das wird in Deutschland auch angestrebt. Ich persönlich halte einen Akademisierungsgrad von 20 Prozent der in der Pflege Tätigen für hilfreich. Das neue Pflegeberufegesetz sieht das auch vor. Ich denke, das kann der Pflege und auch der Entwicklung dieses verantwortungsvollen Berufes nur gut tun.

Den akademischen Bildungsgrad aber für den Frust in der Arbeit verantwortlich zu machen, da gehe ich nicht mit. Ich sehe hier viele hochqualifizierte Pflegefachkräfte, die keine akademische Ausbildung haben, und einfach am Limit sind. Auch hierzulande können Pflegekräfte mehr als sie dürfen, werden von den Ärzten leider allzu oft als Entlastung und nicht als qualifizierte Fachkraft gesehen.

Wozu also so ein Vergleich? Die Aussage, dass schwedische Pflegekräfte trotz objektiv besserer Rahmenbedingungen unzufriedener sind als deutsche lässt mich ein bisschen ratlos zurück. In einem Kommentar unter dem Artikel konnte ich dann lesen:

"… wichtig ist doch wohl nur die Situation in Deutschland, was sie für die Pflegekräfte bedeutet und was eine der reichsten Industrienationen der Erde, eine der größten Volkswirtschaften auf dem Planeten dafür bereit ist zu tun, damit es nicht nur den pflegebedürftigen Menschen gut geht, sondern auch denjenigen, die dafür sorgen – egal ob jetzt beruflich verpflichtet oder auch familiär". – Auf den Punkt gebracht!