Recht
Freistellung ungeimpfter Heim-Mitarbeiter war rechtens
Rund einen Monat nach Einführung der Corona-Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich haben zwei ungeimpfte Mitarbeiter eines mittelhessischen Seniorenheims eine Niederlage vor dem Arbeitsgericht Gießen kassiert. Ihr Arbeitgeber hatte sie ohne Lohnfortzahlung freigestellt, weil sie keinen der geforderten Nachweise vorgelegt hatten. Die Freistellung war rechtens, befand nun das Gericht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

In einem Eilverfahren wies das Gericht am 12. April die Anträge der Kläger auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, mit denen die Männer ihre vertragsgemäße Beschäftigung in der Pohlheimer Einrichtung erreichen wollten. Ihr Arbeitgeber hatte sie ohne Lohnfortzahlung freigestellt, weil sie keinen der geforderten Nachweise vorgelegt hatten. Die Freistellung war rechtens, befanden nun die Richter.
Seit Mitte März greift eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken, Praxen oder Pflegeheimen. Diese mussten bis 15. März ihren Impfschutz oder den Genesenenstatus nachweisen – oder ein Attest vorlegen, dass sie nicht geimpft werden können. In Hessen wird diese sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht in mehreren Stufen umgesetzt.
Die Vorsitzende Richterin begründete die Urteile damit, dass sich aus dem zugrundeliegenden Paragrafen des Infektionsschutzgesetzes jedenfalls keine Beschäftigungspflicht ergebe, bis etwa ein Gesundheitsamt über ein mögliches Betretungs- oder Tätigkeitsverbot entschieden hätte. Der Arbeitgeber könne zudem auf Grundlage des Gesetzes und im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis von Heimbewohnern entscheiden, ungeimpfte und nicht genesene Mitarbeiter freizustellen. “Gegenüber dem Interesse der Beschäftigten an der Ausübung ihrer Tätigkeit überwiege insofern das Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner an deren Gesundheitsschutz.” Um die Frage der Lohnfortzahlung ging es in dem Verfahren nicht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, zudem läuft in den Fällen noch das Hauptverfahren.
Vor dem Arbeitsgericht befand der Anwalt der Kläger, dass von diesen keine Gefahr für die Heimbewohner ausgehe. Die Männer seien „keine Spreader, weil sie jeden Tag getestet werden“. Zudem biete eine Corona-Impfung keinen vollständigen Infektionsschutz. Dagegen stünden die existenzgefährdenden finanziellen Folgen für seine Mandanten. Der Anwalt der Arbeitgeberseite verwies darauf, dass die Heimbewohner teils schwerst pflegebedürftig seien. Was wäre, fragte er, wenn sich jemand infiziere und sterbe und dann herauskäme, dass diese Person von einem ungeimpften Mitarbeiter gepflegt worden sei?
Den Gang vor Gericht begründete einer der Kläger damit, dass ihm die Zulassung der Corona-Impfstoffe zu schnell gegangen und er zudem seinen „freien Willen“ behalten wolle. „Wenn ich etwas nicht möchte, dann möchte ich das nicht.“ Er wolle von niemanden gezwungen werden, etwas zu tun, was er seinem Körper nicht zufügen möchte. Der Klägeranwalt sagte, wahrscheinlich Berufung gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts einlegen zu wollen.
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