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Was die Atmosphäre prägt
Das St. Antonius Haus in Issum-Sevelen (NRW) erfüllt gerne auch mal Sonderwünsche der Bewohner. Das kann ein früher Kaffee vor dem Frühstück sein oder das Lieblingsessen in den letzten Lebenstagen. Zudem wird das Angebot des Pflegeheims in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Diözese Münster mit neuen Projekten zum altengerechten Wohnen abgerundet.

In der hauseigenen Küche des St. Antonius Haus werden auch Sonderwünsche der Bewohner erfüllt ( v. li.): Susanne Winter, Hausleiter Wolfgang Gaedicke, Küchenchef Thomas Theysen und Barbara Backus. Foto: Harald Westbeld/Caritas Münster
So war das ursprünglich nicht gedacht – aber möglich ist es doch. Frühstück gibt es ab 7.30 Uhr im St. Antonius Haus in Issum-Sevelen. Aber wenn gewünscht, servieren die Mitarbeiterinnen auf den Etagenküchen der drei Wohngruppen nebenbei schon um 5.30 Uhr ein Tässchen Kaffee. Ein kleiner Sonderwunsch, dessen Erfüllung zum Wohlfühlen beiträgt, weiß Wolfgang Gaedicke, der das Altenheim am Niederrhein ein Vierteljahrhundert leitet: "Und damit die Atmosphäre prägt".
Dass Sonderwünsche in St. Antonius möglich sind, liegt auch daran, dass Gaedicke nicht mit der Zeit gegangen ist. Als um die Jahrtausendwende der Kosteneffizienz wegen gerne outgesourct wurde, behielt er die eigene Küche und die im Haus angestellten Mitarbeiter des Reinigungsdienstes. Wie übrigens viele seiner Kollegen in den umliegenden Altenheimen.
In der Küche des St. Antonius-Haus ermöglichen Thomas Theysen und sein kleines Team Sonderwünsche. "Fühlt sich jemand mal nicht wohl und bittet nur um etwas Rührei, bekommt er das", sagt Wolfgang Gaedicke. Einmal im Monat sind alle Bewohner eingeladen zur "Küchenbesprechung" und können ihre Wünsche äußern, was in der nächsten Zeit auf dem Speiseplan stehen soll. Ein Detail im Wohn- und Pflegealltag von nicht zu unterschätzender Bedeutung: "Das Essen hat einen zentralen Stellenwert im Leben der alten Menschen und ist einer der Höhepunkte des Tages", weiß Gaedicke. Ganz wichtig ist ihm deshalb auch die "Wunschkost". Wenn sich die letzten Lebenstage abzeichnen, kocht Thomas Theysen den Bewohnern ihr Lieblingsessen unabhängig vom Speiseplan.
Nicht minder wichtig ist im St. Antonius Haus der eigene Reinigungsdienst. Andrea Brennick hat einer Bewohnerin schon mal ein Schulterpolster eingenäht, bekennt sie. Natürlich ist das nicht ihre Aufgabe, aber wenn sie nebenbei um einen kleinen Gefallen gebeten wird, erfüllt sie diesen Wunsch nach Möglichkeit. Schließlich kennt man sich. Andrea Brennick gehört seit 2004 zum Reinigungsteam.
Außer am Wochenende werden die Zimmer jeden Tag gereinigt und natürlich ist das die Gelegenheit für ein Pläuschchen nebenbei. Andrea Brennick erfährt dabei mehr von den Bewohnern, was so draußen los ist, als umgekehrt: "Die sind ständig unterwegs auf dem Markt oder sonstwo". Zu Beginn seiner Tätigkeit hätten die Mitarbeiterinnen im Reinigungsdienst ihren Stellenwert im Haus noch nicht erkannt, sagt Wolfgang Gaedicke. Aber er habe klar gemacht, dass sie genauso wichtig dafür sind, dass sich die Bewohner wohlfühlen wie alle anderen Bereiche.
Was aus der Zeit gefallen schien, erweist sich heute wieder als Vorteil. Was die höheren Kosten für die vergleichsweise gute Bezahlung im Caritas-Tarif angeht, bleibt Wolfgang Gaedicke gelassen: "Wir waren nie vom Ruin bedroht".
In anderen Belangen mit der Zeit zu gehen sei allerdings notwendig, wie Gaedicke betont und auf dem Gelände sichtbar wird. Klassisch, wie für viele Altenheime, war Keimzelle des St. Antonius Haus das ehemalige Krankenhaus, ein typischer, wuchtiger Altbau von 1895 mit dunkelgrauer Klinkerfassade. Dahinter ist 2004 ein einladender Neubau entstanden und mehrere Häuser für altengerechtes Wohnen sind hinzu gekommen. Gerade weichen das alte Waschhaus und das ehemalige Schwesternwohnheim weiteren Wohnungen und einer Tagespflege.
Diese Abrundung mit neuen Angeboten sei schon erforderlich, um wirtschaftlich bestehen zu können, sagt Gaedicke. Davon abgesehen, gebe es einfach den Bedarf. Der wäre auch für 14 Kurzzeitpflegeplätze gegeben, die er gerne über der Tagespflege bauen würde. Aber da gebe es nicht die notwendige Kostenzusage der Kassen. Immerhin könne für die dann 50 Wohnungen ein eigener Pflegedienst aufgebaut werden. Ein langgehegter Wunsch, der aber nicht umsetzbar war, weil aus Abrechnungsgründen kein Personalausgleich mit dem Altenheim möglich sei und so erst eine gewisse Größenordnung erreicht werden müsse, so Gaedicke.
Dass das St. Antonius Haus immer voll belegt ist und die Bewohner mit durchschnittlich 44 Monaten trotz des hohen Durchschnittsalters von 89 Jahren vergleichsweise lang hier lebten, stimmt Gaedicke zum Ende seiner beruflichen Laufbahn zufrieden. Er geht Ende des Jahres vorzeitig in den Ruhestand. Aus dem Grund macht er keinen Hehl: Die Rahmenbedingungen stimmten nicht. "Es tut sich nichts in der Politik", sie zu verbessern, sagt er. Und wenn, dann gebe es genügend bürokratische Hürden, dass doch nichts passiere, oder die Regelungen seien einfach praxisfern. Dabei sind bessere Bedingungen für die Pflege keine Sonderwünsche. (cpm)
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