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Twittern mal ganz anders
Gesundheit, Krankheit und Pflege. Tagtäglich beschäftige ich mich berufspolitisch damit. Ganz distanziert und reflektiert. Da sitze ich zwar in der ersten Reihe, bin aber nicht mittendrin. Wenn das Thema Krankheit und Pflege jedoch im nahen Umfeld ankommt, dann wird es plötzlich sehr emotional.

Die Krebserkrankung eines engen Freundes. Das Burnout einer Freundin. Die pflegebedürftige Mutter einer Kollegin. Krankheit und Krise wird dann sehr greifbar. Da wird das greifbar, was für viele, gerade ältere Menschen zum Alltag gehört. Hilfs- und Hilfebedürftigkeit, akute oder auch chronische Krankheiten. Und oftmals wird genau das auch zum Lebens- und Gesprächsinhalt.
Twittern geht auch ohne Smartphone
Kürzlich war ich in einem Café. Beim Mails Checken und Kaffeetrinken kam ich nicht dran vorbei, dem Gespräch am Nachbartisch zuzuhören. Da saß eine Handvoll Seniorinnen und Senioren, die sich offensichtlich regelmäßig in dieser Runde treffen. Die Gespräche kreisten nur um EIN Thema, nämlich Krankheit. Da ging es darum, was der Doktor gesagt hatte. Da wurde kollektiv über das Wartezeiten-Management von diesem oder jenem Arzt diskutiert, wie diese oder jene OP verlaufen ist. Sehr offen wurde über die großen und kleinen gesundheitlichen Sorgen gesprochen. Der schlechtesten Nachricht wurde am intensivsten zugehört. Als Zaungast bei dieser Diskussion war ich anschließend umfänglich über die Pflegesituation vor Ort informiert. Wer aus dieser Runde wen unterstützt und die neuesten Geschichten aus dem Pflegeheim XY und dem ambulanten Pflegedienst Z.
Ich habe mich dann gefragt, ob das vielen überhaupt bewusst ist, wie aktiv über sie geredet wird? Ich meine hier die Ärzte, die ambulanten Dienste, die Pflegeeinrichtungen. In den Gesprächen wurden sie nicht anonymisiert, sondern jedes Kind beim Namen genannt. Ich lebe auf dem Land. Da ist eben nichts anonym, oder fast nichts.
Sich gut darstellen reicht nicht – man muss auch gut sein
Die muntere Kaffeerunde war für ihre Infos weder auf Facebook, Twitter, Mails oder irgendwelche Newsletter, ein Ärztebewertungsportal oder den Pflege-TÜV angewiesen. Als sie nach einer Stunde auseinandergingen, hatte jede und jeder von ihnen genau die Informationen bekommen, die nötig waren. Und alle konnten auch Empörung oder Lob anbringen. Ich bin mir sicher, jede Neuigkeit wird reichlich mündlich "retweetet".
Mir hat die Runde sehr gut gefallen, auch wenn ich mich nicht mit eigenen Wortbeiträgen beteiligt habe. Und sie hat mir deutlich gemacht, was jeder Akteur in der Pflege sich zu Herzen nehmen sollte: Egal, wie gut man sich in sämtlichen Medienkanälen präsentiert: der gute Ruf hängt letztlich daran, wie man handelt. Denn Kaffeerunden dieser Art gibt es in jedem Ort – und dort werden alle Wahrheiten aufgedeckt.
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