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Subventionen für die Pflege

In der Landwirtschaft gibt es immer einen Grund, vom Staat Subventionen zu fordern. Warum gilt das nicht auch für die Pflege?

- Elisabeth Scharfenberg, Politikerin

So heiß wie diesen Sommer war es (gefühlt) schon ewig nicht mehr. Wochenlang Sonne, Hitze, Trockenheit. Ich lebe auf dem Land. Zwischen Feldern, Wäldern und Wiesen. Wir konnten dort zuschauen, welche Auswirkungen die Trockenheit auf das Getreide und den Mais hatten. Wir konnten das Stöhnen der Bauern schon hören, bevor es durch die Medien ging. Ernteeinbußen in horrender Höhe. Die Bauern am Limit, bedrohte Existenzen. Und schon kam die beruhigende Ansage der Landwirtschaftsministerin Julia Glöckner. Man werde sehen, wie die Bauern entlastet werden können. Man werde prüfen, wie der Staat finanziell unterstützen könne.

Bei den Bauern ist es wie in der Pflege. Es ist nie gut. Mal ist es die Trockenheit, mal ist es die Kälte, mal ist es die Nässe. In der Landwirtschaft gibt es immer einen Grund, vom Staat Subventionen zu fordern. Der Bauernpräsident Joachim Rukwied hielt in diesem Jahr mindestens eine Milliarde Euro für notwendig. In der Politik zuckt niemand. Dass Geld fließt, gilt als sicher. Das wäre übrigens das zehnte Sonderprogramm für Landwirte in zehn Jahren. In der Wirtschaftswoche vom 3.8.2018 war zu lesen, das nach Angaben des Wirtschaftsministeriums seit 2009 1,34 Milliarden Euro geflossen seien. Die Landwirtschaft sei der am höchsten subventionierte Sektor der deutschen Volkwirtschaft. Die Bauern wissen, wie man laut Staatshilfen fordert, wie man protestiert, wie man demonstriert und wie man auch lobbyiert. Sie sind dabei extrem erfolgreich.
Zum gleichen Zeitpunkt verkündet der Gesundheitsminister Jens Spahn, dass in der Pflege das Geld nicht ausreiche und man die Pflegeversicherung anstatt um 0,3 nun doch um 0,5 Prozentpunkte erhöhen werde. Und wieder zuckt niemand. Die Menschen seien bereit, diesen Beitrag zu zahlen. Die Pflegeversicherung sei hoch anerkannt. Und ja – beides stimmt. Aber im Gesundheitsministerium kommt nicht mal der Gedanke auf, dass die Notsituation in der Pflege finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse brauchen könnte. In Milliardenhöhe. Im Gesundheitsministerium verteilt man derzeit gerne und großzügig. Aber es werden eben nicht die eigenen Gelder verteilt. Hier zahlt die Krankenversicherung und dort die Pflegeversicherung die Zeche. Das sind am Ende die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, also die Versicherten.
Ich will hier nicht gegen die Landwirtschaft wettern. Sie ist ein wichtiger Teil unserer Volkswirtschaft, versorgt uns mit Nahrungsmitteln und Energie, betreibt Natur- und Tierschutz. Aber ebenso wichtig ist doch auch die Pflege. In beiden Bereichen arbeiten mehr als eine Million Menschen und sorgen direkt oder indirekt für das Wohl der Bevölkerung. Und doch ist  der Bereich Landwirtschaft für unseren Staat förderungsbedürftig und förderungswürdig und der Pflegebereich nicht. Ich finde, das ist ein Skandal. Wie gesagt, es geht mir nicht darum, die Landwirtschaft schlecht zu machen. Aber es geht mir darum, deutlich zu machen, dass die Pflege am absoluten Limit ist. Dass über die Pflege, um im Bild zu bleiben, quasi zeitgleich Dürre, Hitze, Trockenheit, Überflutung hereinbrechen. Herr Spahn sollte sich mal mit Julia Glöckner austauschen. Sie weiß genau, wie das mit den Subventionen geht. Die Pflege hat sie bitter nötig.