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Sind vom MDK beauftragte Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten umsatzsteuerfrei?

Der BFH hat zur Umsatzsteuerfreiheit von Gutachtertätigkeiten im Auftrag des MDK dem EuGH mehrere Fragen im Zusammenhang mit Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL vorgelegt. Die Entscheidung des EuGH kann gegebenenfalls zu hohen Rückforderungen oder Erstattungen der Finanzverwaltung führen.

Daria Madejska
- Daria Madejska, Management Consulting, Ebner Stolz

Im Ausgangsverfahren des BFH hatte eine ausgebildete Krankenschwester über mehrere Jahre im Auftrag des MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt. Diese Gutachtertätigkeit wurde vom MDK monatlich vergütet, wobei in den Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen war. Die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit erklärte die Krankenschwester gegenüber ihrem Finanzamt als steuerfrei und machte den Vorsteuerabzug aus allen Eingangsleistungen geltend.

Im Rahmen einer Außenprüfung war jedoch das Finanzamt der Auffassung, dass die Gutachtertätigkeit der Krankenschwester für den MDK weder nach deutschem noch nach EU-Recht umsatzsteuerfrei sei und setzte die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge fest. Gegen diesen Festsetzungsbescheid klagte die Krankenschwester erfolgreich. Das Finanzamt wiederrum legte gegen die erstinstanzliche Entscheidung Revision beim BFH ein, da es weiterhin der Auffassung ist, dass es keine nationale Vorschrift zur Befreiung von der Umsatzsteuer zu diesen konkreten Gutachterleistungen gäbe und diese Regelungen auch dem europäischen Recht entsprächen, womit eine unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL nicht möglich sei.

Der BFH ist sich in Bezug auf die unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL nicht sicher, ob der Anwendungsbereich dieser Vorschrift eröffnet ist und falls eröffnet sein sollte, unter welchen Voraussetzungen eine Steuerbefreiung möglich ist. Im Kern hat der EuGH die Frage zu beantworten, ob eine vom MDK beauftragte Gutachtertätigkeit eine eng mit den Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistung ist, wie dies im Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL vorgesehen ist.

Sollte der EuGH eine Umsatzsteuerfreiheit annehmen, können Betroffene, die ihre Gutachter Tätigkeiten mit Umsatzsteuer abgerechnet haben, gegebenenfalls Rückforderungsansprüche gegenüber der Finanzverwaltung geltend machen. Für den Fall, dass der EuGH die Umsatzsteuerfreiheit gemäß Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL verneint, ist es nicht auszuschließen, dass vom MDK beauftragte Subunternehmen mit Umsatzsteuerrückforderungen der Finanzverwaltung konfrontiert werden.

BFH, Beschluss vom 10.4.2019, AZ: XI R 11/17