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Regierungskrise? Nicht wirklich…
Nicht mehr lange, dann sind es schon 100 Tage, seitdem Deutschland gewählt hat. Immer noch sind wir ohne legitimierte neue Regierung. Fast wäre eine Jamaika-Koalition zum Zug gekommen. Trotz aller Differenzen gab es ein Thema, bei dem sich alle einig waren: Die Probleme in der Pflege müssen jetzt angepackt werden.

Doch dann schmiss die FDP hat das Handtuch. Es wurde von Regierungskrise gesprochen. Fast panisch, als wären wir eine Bananenrepublik. Der neue Bundestagspräsident Schäuble sagte kürzlich, wir hätten keine Regierungskrise, sondern Deutschland stünde vor einer Herausforderung. Recht hat er! Wo wir aber vor einer wirklichen Krise stehen, das ist die Pflege. Da ist der Status "Herausforderung" schon lange Vergangenheit. Da sind wir im Notstand angelangt. Und da fühlen sich viele Pflegekräfte wie in einer Bananenrepublik. Schade! Hatten doch viele so große Hoffnungen in die Bundestagswahl und auch in die Jamaika-Verhandlungen gesetzt. Pflege war eines der Themen, bei dem sich die potentiellen Koalitionäre bei aller Verschiedenheit schnell einig waren. Niemand will schlechte Pflege. Alle waren für mehr Personal, für ein Personalbemessungsinstrument, für eine bessere Bezahlung. Plötzlich wurde die Not der Pflege ausformuliert. Fast euphorisch wurde in den sozialen Medien von einer besseren Zukunft der Pflege gepostet und getwittert. Und dann stiegen die aus, deren Gesundheitsminister Rösler seinerzeit das "Jahr der Pflege" ausrief – damals ohne spürbare Folgen…
Nun stehen die Verhandler und Unterhändler wieder in den Startlöchern. Es wird wieder sondiert. Fast eine Ironie, sollte uns erneut eine große Koalition regieren. Erneut mit großer Mehrheit, erneut mit der Möglichkeit, die Opposition einfach zu überstimmen. Denn genau das war es, was zu den jetzigen Verhältnissen geführt hat.
Wir haben keine Regierungskrise. Nein! Wir haben eine Krise der Regierenden. Nämlich der Parteien, die in den letzten beiden Legislaturen mitregiert haben. Die SPD, die Wählerinnen und Wähler verloren hat und darum in die Opposition wollte. Und die FDP, die nach ihrer Regierungsbeteiligung von 2009 bis 2013 gar aus dem Deutschen Bundestag raus gekegelt wurde. Auch die Union leckt ihre Wunden. Gebrannte Kinder, die nun das Feuer scheuen. Aber es hilft alles nichts. Wer sich zur Wahl stellt, läuft Gefahr, Verantwortung übernehmen zu müssen. Und darum geht es nun auch. Spannende Zeiten! Eine Minderheitenregierung würde unseren Politikern und Politikerinnen innovative Momente und Debatten bereiten. Es müsste umsichtig agiert werden und eine Politik der Prinzipienreiterei wäre nicht möglich, denn damit gewinnt man keine Mehrheiten.
Sicherlich wäre dies auch eine große Chance für die Pflege. Pflege hat Sachlichkeit und Ehrlichkeit verdient. Schließlich geht es um unser aller Versorgungssicherheit in der Zukunft. Aber es geht auch darum zu zeigen, wie unsere Gesellschaft und an deren Spitze die Regierenden mit denen umgehen, die unsere Versorgung sichern, nämlich mit den Beschäftigten in der Pflege.
Mein Fazit lautet: So zäh diese Regierungsbildung sich auch gestaltet, die Verhandlungen zeigen eine große Übereinstimmung bei der Bewältigung der Pflegekrise. Es darf aber nicht sein, dass diese Einigkeit nur wohlfeile Sätze in Sondierungspapieren bleiben. Es gilt zu handeln – jetzt! Egal wie sich diese Regierung am Ende des Tages zusammensetzt.
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