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Pflegereport: Junge Menschen bereit zur Angehörigenpflege

Zwei von drei jungen Menschen (68 Prozent) können sich vorstellen, Angehörige zu pflegen. Das ist das Ergebnis des aktuellen Pflegereports der DAK-Gesundheit. Dies zeige, dass das Thema Pflege unter jungen Menschen kein Tabu sei, sondern bei vielen im Alltag verankert sei, so DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Für den Report untersuchten Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg die Situation junger Pflegender in Deutschland.

Kern des Pflegereports ist neben qualitativen Interviews eine umfassende Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach in der Altersgruppe der 16- bis 39-Jährigen. Demnach können sich junge Frauen mit 71 Prozent eher vorstellen, Angehörige zu pflegen, als junge Männer (66 Prozent). „Die hohe Bereitschaft junger Menschen, sich bei der Pflege zu engagieren, ist bemerkenswert“, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Der Pflegereport zeigt, dass die junge Generation bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und sich für ihre Familienangehörigen einzusetzen. Das Thema Pflege ist unter jungen Menschen kein Tabu, sondern bei vielen im Alltag verankert.“

Laut Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts wurden Ende 2019 von den 4,1 Millionen Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten, 80 Prozent zu Hause gepflegt. Angehörige spielen hier eine entscheidende Rolle. Laut DAK-Pflegereport ist Pflege für knapp ein Drittel der jungen Menschen ein Alltagsthema. 29 Prozent der 16- bis 39-Jährigen haben Familienangehörige, die auf Pflege oder Hilfe im Alltag angewiesen sind. Bei den über 40-Jährigen sind dies nur zwölf Prozent. Grundsätzlich sind zwei Drittel der 16- bis 39-Jährigen bereit, Angehörige zu pflegen. Von den Befragten, die bereits zu Hause pflegen, würden sogar 84 Prozent eine erneute Pflegetätigkeit aufnehmen. Eine moralische Verpflichtung zur Pflege von Angehörigen sehen weniger als die Hälfte der unter 40-Jährigen (41 Prozent).

29 Prozent sind der Ansicht, dass es keine Verpflichtung gäbe, dass Kinder ihre Eltern pflegen sollten. 30 Prozent sind in dieser Frage unentschieden. „Die Bereitschaft, Pflegetätigkeiten zu übernehmen, wird von jungen Menschen nicht primär als moralische Pflicht gesehen“, sagt Professor Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg. „Wir beobachten vielmehr eine Generationenverbundenheit mit einer hohen Qualität. Die Kinder und Enkelkinder übernehmen Verantwortung auch wenn es um Pflege geht und lassen ihre Eltern, Geschwister und Großeltern nicht allein, wenn sie sich mit ihnen eng verbunden fühlen.“

Rund ein Drittel der jungen Menschen kann sich nicht vorstellen, Angehörige zu pflegen. Sie geben dafür verschiedene Gründe an: Ein Großteil traut sich Pflegetätigkeiten nicht zu (63 Prozent). Für die Hälfte ist die Pflege nicht mit dem Beruf vereinbar (49 Prozent) und 44 Prozent befürchten seelische Belastungen.

Viele junge Menschen seien heute bereit, ihre Angehörigen zu pflegen, resümiert DAK-Vorstandschef Storm. Unter ihnen gäbe es ein starkes Verantwortungsbewusstsein. „Doch es ist nicht selbstverständlich, dass sie dadurch berufliche und finanzielle Nachteile in Kauf nehmen. Wir müssen einen festen Rahmen schaffen, in dem es kein Entweder-Oder gibt“, so Storm. Eine stärkere Unterstützung bei der Weiterführung des Haushalts und der Kinderbetreuung für jüngere Pflegende könnte ein Ansatzpunkt sein. Ebenso ein gesetzlicher Anspruch auf Zuschüsse zu Weiterbildungskosten und unterstützende Angebote, um einen Pflegemix von Angehörigen- und Fachkraftpflege zu ermöglichen. Es sei Aufgabe der kommenden Bundesregierung, eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu schaffen.

„Wir brauchen eine Stärkung der Pflege zu Hause“, ergänzt Professor Klie. „Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels werden wir bald an die Kapazitätsgrenzen in Pflegeheimen stoßen. Wir müssen sicherstellen, dass pflegende Angehörige umfassend unterstützt werden, um ihren wichtigen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen zu können. Wenn wir jetzt nicht aktiv werden, wird die Situation der Pflege weiter eskalieren.“