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Pflege im Wohnviertel integrieren
Die pflegerische Versorgung muss dort passieren, wo die Menschen leben. Architektin Gudrun Kaiser beschreibt, wie Kooperationen zwischen Wohnungswirtschaft und Pflegebranche erfolgreich gestaltet werden.

Die Pflege der Zukunft ist eine „Pflege im Quartier“. Auf der Altenheim Digital-Konferenz „Neue Wege – Wohnen im Alter” zeigen unsere Expertinnen und Experten Ihnen, wie Sie in einem herausfordernden Marktumfeld auf sicherem Kurs weiter nach besten Möglichkeiten zeitgemäße Pflegekapazitäten schaffen und diese nachhaltig wirtschaftlich betreiben. Die Altenheim Digital-Konferenz „Neue Wege – Wohnen im Alter” findet am 7./8. November statt, Architektin Gudrun Kaiser, Wohnqualität im Alter (WiA), Aachen, ist eine der Referent:innen. Die Konferenz wird über Zoom übertragen. Infos und Anmeldung hier |
Die Relevanz von Pflege innerhalb von Wohnvierteln wächst kontinuierlich. Warum ist die Quartiersbedeutung so zentral?
Wenn die ambulante Pflege älterer Menschen durch Angehörige und Profis gestärkt werden soll, dann muss sie dorthin kommen, wo die Menschen leben: möglichst direkt in ihre langjährig vertrauten Wohnungen und Häuser. Auch diejenigen, die in ihren Wohnungen nicht mehr zurechtkommen, wünschen sich alternative pflegerische Angebote und Versorgungssicherheit in der „Pantoffelnähe“ ihrer bisherigen Wohnung, die sich ins vertraute Wohnquartier entweder direkt in den Wohnungsbau, in Quartiershäuser oder als ergänzende Solitärbauten integrieren. Das können ambulant betreute Wohngemeinschaften, aber auch (teil-)stationäre Angebote wie Tagespflegeeinrichtungen oder überschaubare Pflegeeinrichtungen sein. Im Quartierskontext können Pflegebedürftige zusätzlich auf ehrenamtliche, nachbarschaftliche und generationenübergreifende Kontakte zurückgreifen, die angesichts zunehmender pflegerischer Kosten und Personalnot eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. Wenn pflegebedürftige Menschen in eine fremde Umgebung umziehen müssen, gelingt es ihnen – zumindest in hohem Alter – meist nicht mehr, eine vertrauensvolle Verbundenheit mit dem neuen Wohnumfeld aufzubauen. All das spricht für die Integration von Pflege in bestehende und neue Wohnviertel und gegen altershomogene Komplexeinrichtungen am Stadtrand oder auf der grünen Wiese.
In den letzten Jahren haben ambulant orientierte Wohnkonzepte einen signifikanten Aufschwung erfahren. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um diesen Trend auch unter den aktuellen herausfordernden Bedingungen erfolgreich fortzusetzen?
Aus planerischer Sicht ist der Ausbau von Kooperationen zwischen Wohnungswirtschaft und Pflegebranche mit ihren jeweiligen Kernkompetenzen Bauen und Pflegen ein erfolgreicher Ansatz. Es wäre hilfreich, wenn sich nicht nur die beiden Branchen, sondern auch die Bau- und Sozialgesetzgebung im Sinne dieser Kooperationen weiter annähern würden. In Nordrhein-Westfalen wird beispielsweise im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung ausdrücklich die Investition in den Bau ambulant betreuter Wohngemeinschaften gefördert, und zwar unter Bezug auf die Anforderungen des Wohn- und Teilhabegesetzes an diese Wohnform. Diese Bezugnahme vereinfacht Planungs- und Abstimmungsprozesse und bringt Architekturbüros, Bau- und Pflegebranche, aber auch Bauordnungsbehörden und Heimaufsichten in einen Austausch, der ambulant betreute Wohngemeinschaften bekannter macht und zunehmend als neuen attraktiven Baustein und Ankermieter im Wohnungsbau etabliert.
Stichwort Barrierefreiheit: Wie ist da der Stand der Dinge? Wird das beim Wohnungsbau mitgedacht?
Ambulante Pflege funktioniert am besten in Gebäuden, die barrierefrei sind und auch als Arbeitsplatz für Pflegende taugen. Bei der Planung ambulant betreuter Wohngemeinschaften ist das inzwischen Standard, im Wohnungs- und Hausbau ist es jedoch ein hoher, weit von gesetzlichen Anforderungen entfernter Anspruch, der aber grundsätzlich im Hinblick auf die lange Nutzbarkeit und Pflegetauglichkeit mitgedacht werden sollte. Immer häufiger beklagen Pflegekräfte unzureichende Arbeits- und Pflegebedingungen in Wohnungen, besonders in engen, kleinen Sanitärräumen. Auch hier gilt: Wenn man die ambulante Pflege zu Hause stärken und einen langen Verbleib in der eigenen Wohnung unterstützen möchte, sollte man die entsprechenden Rahmenbedingungen für Pflegebedürftige und Pflegende anbieten. Unter diesem Aspekt wäre auch die Investitionskostenförderung des Einsatzes technischer Assistenz im Wohnungsbau hilfreich. All diese Maßnahmen sind nicht so kompliziert und kostenintensiv, wie häufig gemutmaßt wird, vor allem im Vergleich zu entstehenden Pflegeheimkosten, die dadurch vermieden werden können.
Die Fragen stellte Kerstin Hamann.
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