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Nicht dokumentiert ist nicht gemacht?
“Wir stehen mit einem Bein im Gefängnis!” Diese Aussage ist häufig von Pflegekräften zu hören, wenn es um das Thema Haftung in der Altenhilfe geht. Dass dies so nicht zutrifft, wurde mit der Einführung der entbürokratisierten Pflegedokumentation, dem Strukturmodell, deutlich. Eine Expertengruppe hat sich mit dieser Aussage intensiv beschäftigt.

Scheinbar gilt in der Pflegelandschaft immer noch der Grundsatz: "Was nicht dokumentiert ist, ist nicht gemacht.".
Juristinnen und Juristen haben mit Pflegewissenschaftlern und weiteren Expertinnen und Experten diskutiert. Dabei stand eine breite Erfahrung und Spezialisierung im Pflege- und Medizinrecht zur Verfügung. Der Fokus war auf sozial- und haftungsrechtliche Bedingungen ausgerichtet. Die Expertengruppe kam zu folgendem Schluss: Die Problematik liegt erst einmal darin, dass bei der Dokumentation nicht zwischen Grund- und Behandlungspflege unterschieden wird. Es kann zu einem Haftungsfall kommen, wenn ein tatsächlicher schuldhaft verursachter Körper- bzw. Gesundheitsschaden vorliegt. Aus diesem Grund wird weiterhin empfohlen, behandlungspflegerische Maßnahmen fortlaufend zu dokumentieren, und zwar von der Person, die die Leistung erbracht hat.
Im Bereich der Grundpflege wird dies nicht als sinnvoll und auch nicht als notwendig erachtet. Dabei handelt es sich um Leistungen, die im Rahmen einer Versorgungsstruktur regelhaft erbracht werden. Für wiederkehrende Routinemaßnahmen im Versorgungsverlauf muss nicht täglich bzw. schichtbezogen dokumentiert werden. Voraussetzung hierfür ist eine individuell strukturierte Informationssammlung mit einem daraus abgeleiteten Maßnahmenplan. Zudem müssen Abweichungen des Maßnahmenplans im Bericht dokumentiert werden.
Dies bedeutet also, dass nur wichtige diagnostische sowie therapeutische Maßnahmen einer Dokumentationspflicht unterliegen. Routinemaßnahmen und standardisierte Zwischenschritte müssen nicht dokumentiert werden. Die anschließende Evaluation über die Wirksamkeit geplanter Maßnahmen, auch im Rahmen des Risikomanagements, wird ebenfalls dokumentiert. Wichtig ist allerdings das Vorliegen von Beschreibungen routinemäßiger Grundpflegetätigkeiten. So sollen Pflege- und Betreuungskräfte regelmäßig über die Verfahrensanleitungen informiert werden.
Leitungskräfte stellen oft die Frage, welche grundpflegerische Leistungen beschrieben werden sollen und wie detailliert dies geschehen soll. Hierzu gibt es keine allgemeingültige Regelung. Die Auffassungen zu Art und Umfang der schriftlichen Verfahrensanleitungen ist unterschiedlich. Sinnvoll kann sein, die Verfahrensanleitungen möglichst kurz zu halten und weniger im Fließtext anzufertigen. Ziel ist, dass die Beschreibungen gelesen werden. Umso kürzer, strukturierter und übersichtlicher diese abgefasst sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Pflegekräfte nicht "abgeschreckt" werden. Ich empfehle, auf jeden Fall Verfahrensanleitungen für diejenigen Prozesse und Handlungen zu verfassen, die risikobehaftet sind. Ein weiteres Kriterium ist nach meiner Meinung, wie die Umsetzung in der Einrichtung funktioniert. Praktisch formuliert: "Umso weniger etwas klappt, desto tiefer muss geregelt werden."
Quelle: www.ein-step.de, Kasseler Erklärung, Juristische Expertengruppe Entbürokratisierung der Pflegedokumentation (Januar 2014), "Notwendiger Umfang der Pflegedokumentation aus haftungsrechtlicher Sicht"
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