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Komplette Neuordnung der Pflege vorgesehen

In Berlin wurde am 13. November 2019 das zweite Rothgang-Gutachten der Initiative Pro Pflegereform vorgestellt. Darin wird die Gesamtvision einer neuen Pflegewelt präsentiert.

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Die Initiative Pro Pflegereform hat sich 2016 aus verschiedenen Netzwerken gegründet. Namenhafte Akteure aus der Branche stehen hinter der neuen Gesamtvision für die Pflegewelt. Von links: Peter Dürrmann (DVLAB), Eva-Maria Güthoff (VKAD), Bodo de Vries (DEVAP), Bernhard Schneider (EHS/Sprecher der Initiative), Prof. Heinz Rothgang (Uni Bremen) und Ingrid Hastedt (Wohlfahrtswerk Baden-Württemberg). Text und Foto: Olga Sophie Ennulat

Kernstück des Gutachtens, das im Auftrag der Initiative Pro Pflegereform von Prof. Heinz Rothgang und seinem Team von der Uni Bremen erarbeitet wurde, ist eine finanzielle und konzeptionelle Neuordnung der Pflegelandschaft.

Keine Sektoren mehr, keine Pflegegrade mehr
Konkretisiert wurde das Modell des "Sockel-Spitze-Tauschs", das seit dem ersten Gutachten in der Pflegebranche viel diskutiert wird. Einen Sockelbetrag von 471 Euro sollen laut Gutachten alle pflegebedürftigen Menschen, die Pflegeleistungen – egal welcher Art – beziehen, zahlen. Alle weiteren pflegebedingen Kosten zahlt die Pflegeversicherung. Die Behandlungspflege soll immer von den Krankenkassen bezahlt werden. Bisher war diese in stationären Einrichtungen nur pauschal abgegolten worden, was schon immer für Unmut und Diskussionen sorgt. Für die Vision, die in dem Gutachten ausführlich dargestellt wird, spielt das allerdings keine Rolle mehr. Sektoren würde es dann in der Pflege nicht mehr geben. Genauso wenig wie Pflegegrade.

Nach Vorstellungen der Initiative sollen Pflegebedürftige vom MDK nach dem Neuen Begutachtungsinstrument (NBI) zwar nach wie vor begutachtet werden, statt Pflegegrade zu vergeben, wird aber ein individuelles Budget errechnet, das sich nach den Bedarfen des pflegebedürftigen Menschen richtet. Dann kommen die Case – und Care-Manager ins Spiel – ein Berufsbild, was erst geschaffen werden müsste. Diese beraten den pflegebedürftigen Menschen dahingehend, welche Leistungen er in Anspruch nehmen kann. Dabei wird nicht mehr nach Sektoren getrennt, sondern es gibt Module, aus denen der pflegebedürftige Mensch das wählen kann, was ihm entspricht. Ziel ist es auch, dass An – und Zugehörige sich mehr in die Pflege einbringen können, egal in welchem Setting sich ein pflegebedürftiger Mensch befindet. So könnten Angehörige, die Pflegegeld erhalten (40 Prozent vom Budget) Leistungen auch dann erbringen, wenn die pflegebedürftige Person nicht in der eigenen Häuslichkeit lebt. Voraussetzung ist, dass sich die An- und Zugehörigen entsprechend qualifizieren.

Würde die Vision umgesetzt, würden die Beitragssätze steigen. Die Wissenschaftler bringen aber auch die Möglichkeit eines Steuerzuschusses sowie eine Bürgerversicherung ins Spiel.