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Intensivpflege nach GKV – IPREG – quo vadis?

Von der “stationären” Altenhilfebranche wenig beachtet, hat Bundesgesundheitsminister Spahn mit dem Referentenentwurf eines “Gesetzes zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung” (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV – IPREG) auch stationären Anbietern neue Optionen eröffnet. Stationäre Altenhilfeeinrichtungen sollen explizit in den Kanon geeigneter Leistungserbringer aufgenommen werden.

Dr. Lutz H. Michel
- Lutz Michel, Rechtsanwalt

Die Intensivpflege ist bekanntlich seit Langem im Fokus von Gesundheits- und Kassenpolitik. Kriminelle Abrechnungsbetrügereien im ambulanten Sektor haben dem Ministerium wie den Kassen die "Sprungschanze" geliefert für mehr Regulierung in diesem Bereich. Im Wesentlichen geht es jedoch um’s Geld: Die klassische 1 : 1 – Versorgung ist teuer – was liegt dann näher, durch politische Versorgungssteuerung Kostendämpfung zu betreiben, und zwar nach der Gesetzesbegründung des Referentenentwurfs (RefE) jährlich in einem "niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag". Sah der Vorgängerreferentenentwurf des "RISG" die völlige Abschaffung der 1 : 1 – Versorgung vor und scheiterte kläglich am machtvoll artikulierten Patientenwillen, so ist das GKV – IPREG subtiler: Auf der einen Seite werden die Qualitätsanforderungen hochgeschraubt, wogegen niemand etwas hat, und auf der anderen Seite wird die Reihe der potentiell für Schwerst- und Beatmungspflege geeigneten Leistungsanbieter erweitert und nicht nur erweitert, sondern auch die Refinanzierungsrahmenbedingungen werden zugunsten des Krankenhaus- und Pflegeheimsektors verschoben. War außerklinische Intensivpflege bisher ausschließlich Thema der häuslichen Krankenpflege, so sieht der geplante § 37 c SGB V Abs. 2 SGB V i.d.F des RefE vor, dass außerklinische Intensivpflege "1. in vollstationären Pflegeeinrichtungen, die Leistungen nach §§ 42, 43 SGB XI erbringen", dann "4. in einer Wohneinheit i. S. d. § 132j Abs. 5 Nr. 1 SGB V" – also spezialisierten ambulanten Wohngemeinschaften – und erst "5.in ihrem Haushalt oder in ihrer Familie …" stattfinden soll. Wenngleich die Aufzählung keine Priorisierung beinhaltet (jedenfalls nicht nach dem Wortlaut), so ist das GKV – IPREG aber auf eine solche angelegt: Nach § 37 c Abs. 3 SGB V i.d.F. des RefE umfasst die Vergütung regelhaft die Aufwendungen für die medizinische Behandlungspflege. Hinzu kommt, dass über die Qualitätsanforderungen, insbes. über die Notwendigkeit von Kooperationen mit Krankenhäusern und ein von dort gesteuertes Case – Management Trägergruppen, die Krankenhäuser und vollstationäre Pflegeheime betreiben in die Vorhand kommen. Honi soit qui mal y pense. Zudem wird das "Weaning" als "Königsweg" deklariert und auch besonders incentiviert. Die Zukunft der Intensiv- und Beatmungspflege des GKV – IPREG ist offen: Ob der RefE so Gesetz wird, ist die erste Frage: die nach dem RISG auch im GKV – IPREG enthaltene "Aussteuerung" der 1 : 1 – Versorgung zuhause dürfte sogar verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen – der Patientenwille wird jedenfalls nachwievor hintangestellt. Die zweite Frage ist, wie die konkrete Ausgestaltung der Qualitätsanforderungen aussehen wird; sie ist einer Bundesrahmenempfehlung überantwortet. Die dritte Frage ist, ob die vom RefE (prioritär) anfokussierten Leistungsanbieter, also der vollstationäre Pflegesektor und die Krankenhäuser, überhaupt das Know – How und die Ressourcen haben, die so möglicherweise eröffneten Geschäftsfelder zu besetzen. Statt "do it yourself" dürfte das "do it together and win" der Königsweg sein: Im Bereich der häuslichen, außerklinischen Intensivpflege gibt es eine Vielzahl ambulanter Anbieter mit Qualität und Expertise sowohl in spezialisierter Versorgung wie auch im Management kleiner, personenzentrierter "Versorgungswohneinheiten", die dem Wunsch der Mehrzahl der Patienten und ihrer Familien entsprechen. Die Überlegungen der Politik und Kassen sollten vollstationäre Anbieter – ungeachtet der Antwort auf die Frage, was wann Gesetz wird oder auch nicht, anstoßen, diese ambulanten Potentiale in win – win – Situationen zu bringen. Wie gesagt: statt "do it yourself and loose" besser: "do it together and win".