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Gesetzliche Kassen verzeichnen Milliarden-Defizit

Die gesetzlichen Krankenkassen haben nach den vorliegenden Finanzergebnissen im Jahr 2021 insgesamt ein Defizit von rund 5,8 Mrd. Euro ausgewiesen, während die Finanzreserven der Krankenkassen zum Stichtag 31. Dezember 2021 bei rund 11 Mrd. Euro lagen. Gesundheitsminister Lauterbach sieht die gesetzliche Krankenversicherung vor „großen finanziellen Herausforderungen“. Ziel der Bundesregierung sei es trotzdem, die Beiträge stabil zu halten.

Foto: Adobe Stock/Stockfotos-MG Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung möglichst stabil zu halten, ist das erklärte Ziel der Bundesregierung.

Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) entspricht die Reserve in etwa einer halben durchschnittlichen Monatsausgabe und damit mehr als dem Doppelten der Mindestrücklage. Dagegen verbuchte der Gesundheitsfonds einen Überschuss von rund 1,4 Mrd. Euro. Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds betrug zum Stichtag 17. Januar 2022 rund 7,9 Mrd. Euro.

„Die Pandemie hat die Bilanzen der Krankenkassen auch im vergangenen Jahr deutlich geprägt. Die gesetzliche Krankenversicherung steht damit vor großen finanziellen Herausforderungen”, kommentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Kassenlage. Die Zahlen für das letzte Jahr zeigten aber auch: “Durch den zusätzlichen Bundeszuschuss und den Abbau der Finanzreserven ist es uns gelungen, dass die Beitragszahler nicht übermäßig belastet worden sind. Die Beiträge möglichst stabil zu halten – das ist auch mit Blick auf das laufende und das nächste Jahr unser Ziel. Dafür werden wir frühzeitig die Weichen stellen.“

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Der Überschuss des Gesundheitsfonds in 2021 von rund 1,4 Mrd. Euro hänge maßgeblich damit zusammen, dass sich die Beitragseinnahmen in der GKV besser entwickelt hätten, als in der Prognose des Schätzerkreises von Oktober 2020 erwartet worden war. Dennoch sei der Zuwachs der Beitragseinahmen mit 3,4 Prozent – wie bereits im Vorjahr (2020: 1,9 Prozent) – deutlich hinter den langjährigen Veränderungsraten mit durchschnittlich über vier Prozent zurückgeblieben, so das Ministerium. Deshalb sei es in 2021 wichtig gewesen, „mit der Vermögensabführung der Krankenkassen an den Gesundheitsfonds und einem ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 5,0 Mrd. Euro die Beitragssatzanstiege in der GKV zu begrenzen“.

Zur Bewältigung der Corona-Pandemie trage der Bund einen Großteil der Ausgaben für pandemiebedingte Zahlungsverfahren, die aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds erfolgen, führt das BMG aus. Hierunter fielen unter anderem Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser, Aufwendungen für Corona-Tests und für Impfungen gegen COVID-19. Insgesamt seien rund 17,4 Mrd. Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt worden, wovon der Bund rund 17,2 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds erstattet hat.

Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen

Die Einnahmen der Krankenkassen, die sie in erster Linie durch vorab festgelegte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, sind um 7,1 Prozent auf 278,6 Mrd. Euro gestiegen. Darin enthalten sind neben dem ergänzenden Bundeszuschuss von 5 Mrd. Euro, den der Bund an die GKV gezahlt hat, auch die wieder als Zuweisungen an die Krankenkassen ausgezahlten Beträge der Vermögensabführung. Ferner sind die Einnahmen aus Zusatzbeiträgen, die durchschnittlich in einer Höhe von 1,28 Prozent von den Krankenkassen erhoben wurden, enthalten.

Dem stehen Gesamtausgaben von 284,3 Mrd. Euro gegenüber, wovon rund 8 Mrd. Euro auf die Vermögensabführung der Krankenkassen an den Gesundheitsfonds entfallen. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei nahezu unveränderten Versichertenzahlen einen Zuwachs von 5,4 Prozent auf 274,5 Mrd. Euro. Die Leistungsausgaben stiegen um 5,7 Prozent, die Verwaltungskosten sanken dagegen um 0,3 Prozent. Insgesamt stiegen die Ausgaben der GKV gegenüber 2020 um rund 14 Mrd. Euro. Hiervon entfällt fast die Hälfte auf die Ausgabensteigerungen im Krankenhausbereich und bei den Arzneimitteln.

Bei den Krankenhausausgaben verbuchten die Krankenkassen 2021 einen Anstieg von rund 3,6 Mrd. Euro bzw. 4,4 Prozent. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Krankenhäuser bis Ende Dezember zusätzlich rund 5 Mrd. Euro aus Steuermitteln für freigehaltene Betten erhalten hätten. Eine wesentliche Rolle spielten die Pflegepersonalkosten, die bereits 2020 aus den DRG-Pauschalen ausgegliedert wurden. Hierfür verbuchten die Krankenkassen 2021 rund 9 Prozent mehr als noch im Vorjahr, so das BMG.

Bei der Interpretation der vorläufigen Finanzergebnisse sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in einigen Leistungsbereichen von Schätzverpflichtungen geprägt sind, da dort die Abrechnungsdaten zum Meldezeitpunkt nur unvollständig vorliegen. Diese Unsicherheiten gelten insbesondere im Bereich der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Vergütung.

Weitere Entwicklung

Die endgültigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2021 werden ebenso wie die Daten des 1. Quartals 2022 Mitte Juni 2022 vorliegen. Für das Jahr 2022 konnte der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV im Jahr 2022 durch die Zahlung eines ergänzenden Bundeszuschusses von 14 Mrd. Euro weitestgehend stabilisiert werden. Zum 1. Januar 2022 haben zwar 19 Krankenkassen ihre Beitragssätze erhöht, jedoch sind die Zusatzbeitragssätze für 68 Krankenkassen stabil geblieben. Bei neun Krankenkassen konnten sie sogar abgesenkt werden.

Nach geltender Rechtslage wird der ergänzende Bundeszuschuss von 14 Mrd. Euro ab dem Jahr 2023 entfallen und die GKV vor große finanzielle Herausforderungen stellen, teilt das BMG mit. „Die Bundesregierung wird rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um die stabile und verlässliche Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen“, heißt es in der Pressemitteilung des Ministeriums.