Blog
GEPA NRW: Im Westen Neues und: Überraschendes – und „GEPA – Stresstest“ tut Not!
In seiner Sitzung am 01.10.2014 hat der Landtag NRW die Weichen für das neue Pflegerecht in Nordrhein-Westfalen gestellt: Mit den Stimmen aller Fraktionen und der Enthaltung nur einzelner “Piraten” wurde das GEPA, das “Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen (GEPA NRW)” verabschiedet. Zugleich erteilte der Landtag sein Einvernehmen mit den beiden Durchführungsverordnungen, nämlich einerseits der WTG – DVO und der bis zuletzt heiß umstrittenen APG – DVO. Damit hat ein mehrere Jahre dauernder Prozess partizipativer Gesetzesnovellierung seinen Abschluss gefunden. Mit welchen Folgen?

Das WTG hat keine Änderungen in letzter Sekunde erfahren.
Das APG ist nach einem Sitzungs- und Hearingsmarathon marginal in Bezug auf die Regelungen der Investkostenförderung geändert worden. Nicht geändert hat sich die Deadline für die Anerkennung von Miet- und Pachtzahlungen bei Mietmodellen: Ab dem 01.01.2020 werden die Karten neu gemischt und die Miet- und Pachtzahlungsfähigkeit der Träger wird in der überwiegenden Zahl der Fälle gefährdet werden. Den Bedenken an der Recht- und Verfassungsmäßigkeit der darin liegenden (unechten) Rückwirkung hat der Gesetzgeber nicht Rechnung getragen nach dem Motto: Die Gerichte werden es richten – oder auch nicht!
Ferner ist in letzter Sekunde in das APG zur Unterstützung des Ziels der Landesregierung, den Kommunen mehr Einfluss auf das Baugeschehen im Bereich von Pflegeeinrichtungen zu geben, ein dezidiertes Instrumentarium von Bedarfsplanung und Bedarfsbestätigungen gekommen. Die schon längst vergessen gewähnte Bedarfsbestätigung feiert fröhliche Urständ mit allen Problemen, die dies für die Gewährleistung einer am Verbraucherwillen orientierten Versorgungsinfrastruktur mit sich bringt. Zukünftig sollen die Kommunen berechtigt sein, Art und Umfang der in ihrem Sprengel entstehenden Angebote zu lenken. Dies wird die durch die Verschlechterung der Refinanzierung stationärer Einrichtungen zu befürchtende Versorgungslücke noch weiter vergrößern. Man fragt sich nachwievor, ob dies verfassungsmäßig und europarechtskonform ist. Auch hier ist Streitstoff angelegt.
Was ist nun für stationäre und ambulante Anbieter wie aber auch für die Immobilienwirtschaft, die Heimimmobilien bereitstellt, zu tun?
Stationäre Anbieter haben, wenn sie dies nicht schon getan haben, ihre Einrichtung einen "GEPA – Stresstest" zu unterziehen. Dieser hat einerseits das Thema bauliche Anforderungen an bestehende Einrichtungen zu umfassen, andererseits die Frage anzusprechen, ob und wie Ersatzkapazitäten auch unter Nutzung des Instruments des Poolen von Kapazitäten geschaffen werden können und zudem zu klären, wie die wirtschaftliche Situation der Häuser in Mietmodellen nach 2019 aussehen wird. Letzteres ist auch ein Thema der Investorenseite, die von sich aus denselben "GEPA – Stresstest" vornehmen muss. Ferner sollten stationäre Anbieter überlegen, ob und in welcher Weise sie unter Nutzung des neuen Angebotsmodells der anbieterverantworteten Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen neue Geschäftsfelder besetzen können, um Wachstum jenseits vollstationärer Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot zu realisieren.
Ambulante Anbieter haben auch vor dem Hintergrund der Margenenge im "fahrenden Dienst" die strategische Frage zu beantworten, ob sie die Chance ergreifen, durch die Begleitung und Übernahme der Betreuung und Pflege in anbieterverantwortete Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen betriebswirtschaftlichen Mehrwert zu generieren. Hierbei haben sie auch schon bestehende Angebote der Begleitung von Wohngemeinschaften daraufhin zu überprüfen, wie sie weitergeführt werden können. Hinzu kommt, dass sie die große Chance haben, die leistungsrechtlichen Verbesserungen, die das Pflegeneuordnungsgesetz (PNG) gebracht hat, und das 1. Pflegestärkungsgesetz sicher bringen wird, für diese Versorgungsmodelle zu nutzen. Dazu gehört auch, dass ambulante Anbieter sich verstärkt der Frage zuwenden, ob Kombinationsangebote aus Betreuten Wohnen, Tagespflege und anbieterverantworteten Wohngemeinschaften mit Betreuungsleistungen für sie nicht das Geschäftsmodell der Zukunft werden sein können.
Also: Keineswegs "Im Westen nichts Neues" …
Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu verfassen.
Sie haben noch kein Konto?
Jetzt registrieren