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Ein faktischer Auszug entbindet nicht von der Zahlungpflicht

Das Amtsgericht Gelnhausen hat am 26.03.2014 (AZ 52 C 1178/13) darüber zu entscheiden, ob ein Heimbewohner über den Tag des Auszugs aus dem Heim hinaus trotz der Regelung des § 87a Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet ist, bis zum Ende der Kündigungsfrist ein Heimentgelt zu zahlen und in welcher Höhe dies zu bemessen ist. Anlass war ein Fall, in dem der Bewohner vor Ablauf der Kündigungsfrist schlichtweg auszog und zurück in seine Häuslichkeit ging. Als Folge stellte seine Pflegekasse mit dem Tag des Auszugs die Zahlung der Pauschale nach § 43 Abs. 2 SGB XI ein. Der vom Bewohner zu übernehmende Eigenanteil bis zum Ablauf der Kündigungsfrist stieg daraufhin empflindlich.

Mit seinem Verweis auf § 87a Abs. 1 S. 2 SGB XI konnte der Bewohner jedoch nicht durchdringen. Nach Auffassung des Amtsgerichts führt diese Regelung nicht dazu, dass jegeliche Kündigungsfristen nach dem WBVG quasi für Pflegeversicherte außer Kraft gesetzt werden. Darüber hinaus haftet der Bewohner auch für den Anteil des Heimentgelts, der von der Pflegekasse zu zahlen ist. Die Regelung des § 87b Abs. 3 S. 1 SGB XI steht dem nicht entgegen. Geht der Bewohner in die Häuslichkeit zurück, reduzieren sich seine Leistungen gegenüber der Pflegekasse auf ambulante Pflege (§§ 36, 37 SGB XI). Eine Leistung der Pflegekasse nach §§ 41ff SGB XI für stationäre Pflege, die mit befreiender Wirkung an das Heim zu zahlen wäre, entfällt.

Als Folge schuldet der Bewohner selbst das volle Heimentgelt inklusive des Anteils, der nach §§ 41ff SGB XI von der Pflegekasse zu übernehmen gewesen wäre.

Des Weiteren stellte sich die Frage, ob das Heim berechtigt gewesen wäre, das ungekürzte Heimentgelt zu fordern oder ob lediglich eine Vergütung entsprechend der Regelung bei Abwesenheit im Krankheitsfall gefordert werden könnte. Die rahmenvertraglichen Abwesenheitsregelungen hatten ursprünglich das Ziel, eine Doppelbelastung des Bewohners zu verhindern. Der Bewohner sollte nicht verpflichtet werden, sowohl an ein Krankenhaus als auch an das Pflegeheim Zuzahlungen leisten zu müssen. Das Amtsgericht wies jedoch darauf hin, dass nach § 7 Abs. 5 S. 1 WBVG eine Heimentgeltkürzung in angemessener Höhe auch dann erfolgen müsse, wenn der Bewohner – aus welchem Grund auch immer – abwesend ist und aus diesem Grund Leistungen der Einrichtung nicht in Anspruch nimmt. Die Abrechnung auf Basis der Vergütung, die im Falle der vorübergehenden Abwesenheit zu zahlen ist, stellt nach Auffassung des Gerichts eine angemessene Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen dar, die § 7 Abs. 5 S. 1 WBVG fordert.

Die Hartnäckigkeit des Heimträgers, auf die Begleichung seiner Forderung zu bestehen, zahlte sich aus. Wie gehen Sie mit der Verfolgung offener Heimentgeltzahlungen um?

- Nicola Dissel-Schneider, Rechtsanwalt