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Digitale Patientenakte soll automatisch für alle kommen

Das vom Bundesgesundheitsministerium kontrollierte Unternehmen Gematik strebt an, die elektronische Patientenakte (ePA) für alle Versicherten automatisch einrichten zu lassen. Das beschloss die Gesellschafterversammlung der Gematik am Montag. “Wer das nicht möchte, kann aktiv widersprechen”, erklärte das Unternehmen, das für die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland zuständig ist. In der Versammlung sei ein entsprechender Prüfauftrag an die Gematik erteilt worden.

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Foto: Adobe Stock/wladimir1804 Beim von der Bundesregierung und der Gematik favorisierten "Opt-out"-Verfahren erhält man nur dann keine digitale Patientenakte, wenn man der Einrichtung einer ePA widerspricht. Beim Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber stößt dies auf Kritik.

Prinzipiell solle jede und jeder Versicherte in Deutschland die ePA erhalten, twitterte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. “Nur wenn wir #Digitalisierung nutzen, können wir Medizin besser & effizienter machen.”

Die ePA soll beispielsweise Röntgenbilder auf CD, Papierakten und Faxe überflüssig machen. Mediziner, Physiotherapeuten, Pflegekräfte und Hebammen sollen sich mit der digitalen Akte mit wenigen Klicks ein Bild vom Gesundheitszustand ihrer Patienten machen oder eine Krankengeschichte lückenlos einsehen können. Gleichzeitig sollen medizinische Daten in anonymer Form für die Forschung verfügbar gemacht werden.

Bislang gilt das “Opt-in”-Verfahren: Das heißt, Patient:innen müssen sich selbst darum kümmern, eine ePA zu erhalten. Beim von der Bundesregierung und der Gematik favorisierten “Opt-out”-Verfahren erhält man nur dann keine digitale Patientenakte, wenn man der Einrichtung einer ePA widerspricht. Bei dem nun ins Auge gefassten Verfahren soll es vier Entscheidungsstufen gehen. In der ersten Stufe geht es um die Einrichtung der ePA an sich. In den weiteren Stufen gehe es um den Zugriff auf die ePA, ihre Befüllung und die pseudonymisierte Datenweitergabe zu Forschungszwecken.

Das neue Verfahren, das nun von der Gematik geprüft wird, soll noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Lauterbach, der letztlich für die inhaltliche Ausrichtung der Gematik verantwortlich ist, riskiert damit einen Konflikt mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. Dieser hat sich kritisch zum Opt-out-Verfahren geäußert.

Kleber bestätigte gestern auch sein Veto gegen das Vorhaben, E-Rezepte in Apotheken ohne Geheimzahl (PIN) einlösen zu können. Aus Sorge vor Missbrauch durch kriminelle Apotheker hatte er diesem Vorhaben schon im September einen Riegel vorgeschoben. Daraufhin hatte die Gematik nachgefragt, ob das Vorhaben in einer abgespeckten Version – und zwar nur in einem begrenzten Kreis von Apotheken – nicht doch möglich wäre. Dies verneinte Kelber, denn so ein Weg verringere “die Gefahren für die Versicherten nicht ausreichend.”

Er wies darauf hin, dass das Vertrauen in das E-Rezept durch möglichen Datenmissbrauch enorm leiden würde. “Neue Funktionalitäten müssen […] Standardanforderungen an IT-Sicherheit erfüllen und dürfen nicht dem unberechtigten Zugriff auf den gesamten Bestand der E-Rezepte Tür und Tor öffnen.” Der Einsatz der Versichertenkarte sei weiterhin möglich, dies aber mit PIN oder einer anderen Form der Authentifizierung. “Ich erwarte von allen Beteiligten, dass bis zum Sommer 2023 eine sichere Lösung für das Abholen von E-Rezepten durch Stecken der elektronischen Gesundheitskarte zur Verfügung steht.”