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Die Neuordnung kommt
Der Bund-Länder-Koordinierungsausschuss hat am 14. Dezember die Neuordnung des Ausbildungsberufs Hauswirtschafter/in beschlossen. Ziel ist, das hauswirtschaftiche Berufsfeld attraktiver und zeitgemäßer zu gestalten. Dr. Alexandra Brutzer beschäftigt sich am Institut für Erziehungswissenschaften der Justus-Liebig-Universität intensiv mit dem Thema. Im Interview mit pro Hauswirtschaft informiert sie über den aktuellen Stand der Dinge und darüber, wie die Ausbildung reformiert werden soll.

Dr. Alexandra Brutzer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Foto: Ina Füllkrug
Frau Dr. Brutzer, seit 2015 wird über die Novellierung der hauswirtschaftlichen Berufe nachgedacht. Was steckt dahinter?
Die letzte Novellierung liegt mehr als 20 Jahre zurück. Seitdem haben sich viele Dinge verändert, so dass eine Anpassung der hauswirtschaftlichen Ausbildung entlang der Anforderungen der Arbeitswelt, der gesellschaftlichen Entwicklungen – oder besser gesagt – anhand der vorhandenen Rahmenbedingungen erforderlich ist. Die angestrebte Neuordnung hat das Ziel, die hauswirtschaftliche Ausbildung entlang der aktuellen Anforderungen anzupassen. Außerdem ist damit auch die Hoffnung verbunden, das Berufsfeld attraktiver und zeitgemäßer darzustellen, so dass wieder mehr Jugendliche, insbesondere auch leistungsstärkere junge Menschen, eine hauswirtschaftliche Ausbildung absolvieren.
Wie ist der derzeitige Stand der Dinge?
Die Spitzenorganisationen der Sozialpartner, das Kuratorium der deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB) und die zuständigen Stellen haben im vergangenen Dezember beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) einen Eckdatenentwurf zur Ausgestaltung des Berufsbildes abgestimmt. Dieser Eckdatenentwurf ist Grundlage für die Beantragung der Eröffnung des Neuordnungsverfahrens.
Was beinhaltet das Eckpunktepapier?
Das Eckpunktepapier aus dem Dezember 2017 sieht im Wesentlichen vier Punkte für eine Novellierung vor:
- Als Alternative zur Hauswirtschafterin/zum Hauswirtschafter steht die Berufsbezeichnungen "Fachkraft für hauswirtschaftliche Dienstleistung und Ernährung" und "Fachkraft für hauswirtschaftliches Betreuungs- und Versorgungsmanagement" zur Diskussion.
- Während der dreijährigen Ausbildung soll in mindestens sechs Monaten der Ausbildung eine Schwerpunktsetzung erfolgen. Vorgeschlagen werden drei Dienstleistungsschwerpunkte: personenbetreuende, serviceorientierte sowie ländliche-agrarische Dienstleistungen.
- Die konventionelle Prüfung soll beibehalten werden, d. h. aufgeteilt in Zwischen- und Abschlussprüfung.
- Eine Berufsgruppenbildung mit anderen Berufen wird ausgeschlossen. Themen, die über die Standardberufsbildpositionen hinausgehen, z. B. Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz, sollen in fachliche Berufsbildpositionen integriert werden.
Der vorliegende Entwurf des Eckdatenpapiers wird in der hauswirtschaftlichen Fachszene durchaus kontrovers diskutiert. Kritik gibt es u. a. an der vorgeschlagenen Berufsbezeichnung, da diese nicht das vielfältige Berufsprofil abbildet. Außerdem wird befürchtet, dass die Ernährung zu viel Raum einnehmen könnte. Ein weiterer Kritikpunkt ist die vorgeschlagene Schwerpunktsetzung, da sich die Schwerpunkte nicht an eindeutig voneinander abgrenzbaren Tätigkeitsfeldern orientieren. Es bleibt abzuwarten, wie sich die weiteren Diskussionen entwickeln.
Was ist aus Ihrer Sicht bei der Reform besonders wichtig?
Fünf Punkte sind aus meiner Sicht zentral für die Novellierung: Inklusion, Nachhaltigkeit, Kompetenzorientierung, Schnittstellenausgestaltung und Digitalisierung.
- Inklusion als Grundsatz: Inklusion sollte verstärkt als Grundsatz zur Gestaltung hauswirtschaftlicher Aus- und Weiterbildungen herausgearbeitet werden. Das bedeutet aber auch, weg von institutioneller hin zu individueller Förderung.
- Nachhaltigkeit hauswirtschaftlichen Handelns ist auf allen Ebenen anzustreben, umzusetzen und lebendig zu gestalten. Hierfür sind tragfähigen Strukturen zu schaffen.
- Kompetenzorientierung: Junge Menschen sollten darin fit gemacht werden, wie sie ihr Wissen anwenden und weiterentwickeln. Dafür ist eine handlungsfähige Begleitung durch geschulte Fachkräfte Voraussetzung.
- Ausgestaltung der Schnittstellen: Ein hohes Potenzial wird zukünftig in der pflegebegleitenden Hauswirtschaft gesehen. Dadurch entstehen neue Anforderungen und Tätigkeitsfelder. Diese sind konkret auszugestalten, um u. a. Konkurrenz und Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden.
- Digitalisierung in der Hauswirtschaft: Der Diskussion unter dem Stichwort Industrie 4.0 sollte sich die Hauswirtschaft stellen und klären, welche Anforderungen und Herausforderungen damit verbunden sind – auch für das Fachpersonal.
Wann könnte die Neuordnung in Kraft treten?
Frühester Termin für das Inkrafttreten einer neu geordneten Ausbildungsordnung für die Hauswirtschaft wäre der 1. August 2020.
Interview: Ina Füllkrug
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