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Belästigung und Aggressionen am Arbeitsplatz: Tabus aufbrechen

Beschimpfungen, Drohungen, körperliche Gewalt: Viele Pflege-, Hauswirtschafts- und Betreuungskräfte erleben bei ihrer Arbeit Aggressionen von betreuten Menschen, ebenso sexuelle Belästigungen. Nach Einschätzung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) werden diese psychischen Belastungen oft immer noch tabuisiert. Sie rät ihren Mitgliedsbetrieben und Versicherten, das zu ändern.

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Foto: Werner Krüper

"In Pflege- wie in Betreuungsberufen wird häufig eine hohe Leidensbereitschaft vorausgesetzt", erklärt Claudia Vaupel, Psychologin bei der BGW. Einrichtungsleitungen, Führungskräfte und auch Beschäftigte selbst neigten teilweise dazu, Aggressionen und Belästigungen in diesem Berufsfeld bis zu einem gewissen Grad als "normal" hinzunehmen. Wer dort arbeite, müsse eben damit zurechtkommen. "Das greift zu kurz", so Vaupel. "Der Umgang mit aggressivem oder belästigendem Verhalten gegenüber Pflegekräften oder anderen Beschäftigten ist eine Aufgabe für den betrieblichen Arbeitsschutz. Es gilt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Übergriffen und zu hoher Beanspruchung zu schützen."

Aus Sicht der BGW sollten Pflege- und Betreuungseinrichtungen zunächst auf allen Hierarchieebenen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es sich beim Umgang mit Gewalt, Aggressionen und Belästigungen um ein ureigenes Präventionsthema für den Betrieb handelt – und nicht um ein persönliches Problem einzelner Beschäftigter. Ferner braucht es eine Vertrauenskultur, in der die Beschäftigten Ängste, Schuld- und Schamgefühle ablegen können und sich ernst genommen fühlen.

"Es muss erkannt und akzeptiert werden, dass verschiedene Menschen ein und dieselbe Situation unterschiedlich erleben können", betont Vaupel. Was für den einen bedrohlich erscheint, nehmen andere vielleicht als harmlos wahr. Was die eine als beleidigend empfindet, berührt andere möglicherweise nicht persönlich. "Maßgeblich ist immer das individuelle Empfinden der betroffenen Person", so die Psychologin. "Daran haben weder Vorgesetzte noch Kolleginnen oder Kollegen zu deuteln."

Eine zentrale Rolle beim innerbetrieblichen Umgang mit dem Thema Gewalt und Belästigungen spielen die Führungskräfte. Sie prägen die Kommunikationskultur entscheidend mit, können Betroffenen Rückhalt geben, die Aufarbeitung von negativen Erlebnissen anregen und steuern.

Laut BGW gibt es in Pflege- und Betreuungseinrichtungen gibt es vielfältige Handlungsfelder, um Beschäftigte vor Aggressionen und Belästigungen zu schützen. Dazu gehören beispielsweise Anpassungen der Arbeitsorganisation sowie Deeskalationstrainings für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die BGW unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe bei der Prävention. Sie bietet unter anderem Informationen, Beratung und Seminare an und fördert die Ausbildung innerbetrieblicher Deeskalationstrainer und -trainerinnen. Ebenso hilft sie, wenn Versicherte im Zusammenhang mit der Arbeit einen Übergriff erlitten haben.

Weitere Informationen der Berufsgenossenschaft zum Thema