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Auf dünnem Eis – und trotzdem!

VW hat bei Abgastests mit Affen mitgemischt. Das ist ein Hammer. Und der VW-Cheflobbyist Steg musste schon sehr schnell seinen Hut nehmen. Eine Konsequenz wenige Tage nach Bekanntwerden der Versuche. Eine Welle der Entrüstung ging zu Recht durch unsere Republik. Bundeskanzlerin Merkel verurteilte die Diesel-Schadstoffversuche an Affen scharf und forderte Aufklärung. “Diese Tests an Affen oder sogar Menschen sind ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen”, konnte ich vom Regierungssprecher Steffen Seibert hören. Recht haben beide! Und auch der geschäftsführende Verkehrsminister Schmidt betonte, dass er als Tierschutzminister in keiner Weise bereit sei, solche Verhaltensweisen hinzunehmen. Die betroffenen Hersteller seien zu einer Sondersitzung  des Verkehrsministeriums gebeten worden, um dort umgehend und detailliert zu informieren. Sie fragen sich, was das alles nun in einem Blog der “Altenheim online” zu suchen hat?

- Elisabeth Scharfenberg, Politikerin

Und ehrlich, ich habe auch lange darüber nachgedacht, ob eine solche Verknüpfung politisch korrekt ist. Aber ich finde: ja, sie ist es. Für mich hat dieser Skandal eines sehr deutlich gemacht: Wow, da geht ja doch was in den oberen politischen Regionen unserer Republik. Da kann man ja doch schnell reagieren, wenn der Kittel brennt.

In der Pflege brennt der Kittel ja schon lange! Seit mehr als 20 Jahren lesen und hören wir von Pflegenotstand und Skandalen in der Pflege. Von überforderten Pflegekräften, von pflegenden Angehörigen am Rande ihrer Kräfte, von Übergriffen, Fixierungen, Ruhigstellungen, überbordenden Kosten, Dokumentationswahnsinn. Wie sehr wünsche ich mir, dass der Gesundheitsminister endlich sagt – nein, schon lange gesagt hätte: "Als Gesundheitsminister bin ich in keiner Weise bereit, solche Verhaltensweisen und Zustände in der Pflege hinzunehmen!"

Merken Sie was, jetzt wird mein Eis langsam ganz schön dünn. Aber trotzdem spreche ich es aus: Warum wird bei den Machenschaften von VW sofort reagiert und bei menschlichem Pflegealltag jahrelang weggeschaut? Obwohl es auch hier kein Staatsgeheimnis ist, dass an vielen Orten in Deutschland der Zustand in der Pflege oft "ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen ist!" Dass Pflegekräfte ihren eigenen Ansprüchen in diesem System nicht mehr gerecht werden können und daran verzweifeln. Pflegende Angehörige vollkommen ausgepowert sind.

Nochmal ganz deutlich. Mir geht es hier nicht um plumpen Populismus. Mir geht es darum, ganz laut und deutlich zu sagen: Wenn Situationen offenkundig untragbar sind, dann ist auch diese Regierung in der Lage und bereit zu handeln. Die Entschlossenheit und Geschlossenheit der Regierung hat mich durchaus beeindruckt. Aber wo ist genau das bei dem derzeitigen Gezerre um die Regierungsbildung? Wichtiger, als jetzt Wortklauberei bei den Koalitionsverhandlungen zu betreiben, wäre entschiedenes Handeln.

Und die versprochenen 8000 Pflegekräfte – die sich auf 13.000 Pflegeinrichtungen verteilen würden – sind alles andere als entschiedenes Handeln. Das ist ein Tropfen auf den heißen GroKo-Stein, der schon beim Tropfen verdunstet.