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Auf Augenhöhe
Ich weiß nicht, auf wie vielen Veranstaltungen, Diskussionen und Gesprächsrunden zum Thema Pflege ich im Laufe meiner 12-jährigen Mitgliedschaft im Bundestag schon war. Ich freue mich über jede Einladung – sei es zum örtlichen Pflegestammtisch oder zu fachlichen Podiumsdiskussionen. Die vielen Veranstaltungen zeigen, dass ein hohes Interesse daran besteht, sich mit dem Thema Pflege auseinanderzusetzen.
Doch dann kam eine Pflege-Veranstaltung, die hat mich wirklich überrascht.

Ich war den üblichen Ablauf gewöhnt: Wir pflegepolitischen Sprecherinnen und Sprecher werden eingeladen. Ein Themenspektrum wird vorher eingekreist. Am Anfang werden wir vorgestellt, wir können ein Statement abgeben und ab geht’s in die Diskussion. Im besten Fall wird das Publikum gleich mit einbezogen. Manchmal aber auch erst viel zu spät. Und nur für eine kurze Zeit. Da werden die Zuhörerinnen und Zuhörer zu Recht unleidlich und fühlen sich nicht ernst- und auch nicht mitgenommen. Denn sie, die Aktiven in der Pflege, haben viel zu sagen. Sie sind die Expertinnen und Experten in eigener Sache. Das lässt das Veranstaltungsformat oft jedoch nicht zu.
Darum war ich neugierig, als ich im März eine Einladung zu einer ganz anderen Veranstaltung erhielt: Zum "Augenhöhe Pflegecamp – Ambulante Pflege neu gestalten". Hier gab es keinen Unterschied zwischen Podium und Publikum. Hier konnte oder musste keiner sich zurücklehnen und zuhören. Hier war jeder und jede ganz persönlich gefragt, sich und das eigene Thema einzubringen. Es gab keine fertige Tagesordnung. Stattdessen wurde sie wurde von den Teilnehmenden selbst am Vormittag zusammengestellt: Wer für ein Thema brennt, bildet eine Arbeitsgruppe, um gemeinsam darüber zu diskutieren und Lösungen zu suchen. Wichtig war nur, dass es sich um ein wirklich akutes Problem oder Anliegen handelte.
Was war das Ziel? Mit der geballten Expertise von mehreren hundert Jahren Lebens- und Arbeitserfahrung kurzfristige und zeitnah umsetzbare Schritte zu erarbeiten. Die einzelnen Arbeitsgruppen stellten ihre Ergebnisse am Nachmittag dann vor. Es ging um selbststeuernde Teams, um das Konzept Buurtzorg, um Perspektivwechsel und Innovationen, und um Pflege auf Augenhöhe. Es ging um Themen jenseits aller Lagerbildung und politischen Positionen.
Eine solche Veranstaltung verlangt Mut und Kreativität. Es ist am Beginn des Tages nicht klar, ob und zu welchen Ergebnissen man am Abend gelangt. Ich war von der pulsierenden Arbeitsatmosphäre auf dieser Veranstaltung fasziniert. Vertraue in den Prozess, hab ich gedacht. Und siehe da, es wurde heftig diskutiert, Gruppen organisierten sich selbst, Lösungen wurden vorgestellt. Es fand ein lebendiger Austausch statt. Der Veranstaltungstitel war an diesem Tag Programm – auf Augenhöhe. Mein Fazit nach diesem Tag war klar: Wir brauchen mehr davon, wir brauchen Augenhöhe und aktives Gestalten. Die Pflege selbst braucht Raum, sich aktiv einzubringen. Genau mit den für sie wichtigen Themen.
Und darum werde ich mich selbst auf den Weg machen und im Herbst ein Aktivcamp Pflege veranstalten. Ich werde in den Prozess vertrauen und freue mich schon jetzt auf einen Austausch auf Augenhöhe.
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