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Altenheimen wird “schleichende” Triage unterstellt

Gibt es eine stille Triage in Altenheimen? Diese Frage wirft MdB Corinna Rüffer (Grüne) gegenüber dem RND auf. Das MDR Investigativ Magazin FAKT berichtet ebenfalls. Laut Bericht würden Heimbewohner dazu gedrängt, auf eine Behandlung im Krankenhaus bei einer Corona-Infektion zu verzichten, um keine Intensivplätze für Jüngere zu belegen (das Video dazu gibt es hier). Verbände aus der Pflege reagieren empört.

corona Aufnahme
Foto: Konstantin Yuganov/AdobeStock In den Altenheimen ist es Standard, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bei Einzug nach vorliegenden Patientenverfügungen gefragt werden.

„Auf der Grundlage einer intransparenten Datenerhebung werden schillernde Thesen aufgestellt und den Heimen unterstellt, dass sie eine „stille Triage“ durchführen“, kritisiert Wilfried Wesemann, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege (Devap).

Es sei Standard in den Heimen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bei Einzug nach vorliegenden Patientenverfügungen gefragt werden, so Wesemann in einer Stellungnahme: „Im Hospiz- und Palliativgesetz wurde zudem das Instrument der gesundheitlichen Versorgungsplanung im Alter implementiert, das viele Einrichtungen anbieten und in Einzelfällen durch ethische Fallbesprechungen ergänzen.“

Auch die Caritas im Bistum Münster weist die in der Sendung Fakt am Dienstagabend erhobenen Vorwürfe einer “schleichenden Triage” in den Altenheimen wegen Corona zurück. Was sich der Bewohner wünscht für seine letzte Lebensphase und für den Fall einer schweren Erkrankung, werde in der Regel mehrfach thematisiert und abgefragt, so Christian Schmitt, Vorsitzender des Diözesancaritasverbandes Münster. Ganz viele Bewohner hätten nach der ersten Coronawelle darüber nachgedacht und sich dazu geäußert, heißt es in einer Pressemitteilung.

“Das ist mehr als an den Haaren herbeigezogen”

Unabhängig vom eigenen Interesse der Mitarbeitenden in den Einrichtungen sei die “gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase” gesetzlich vorgegeben, erklärt Nicole Rusche, die im Diözesancaritasverband dazu in einem Projekt Berater geschult und diese Vorgabe in den Altenheimen umgesetzt hat.

Tatsächlich bringen viele alte Menschen beim Einzug in ein Altenheim die Patientenverfügung bereits mit. Im Marienheim in Warendorf beispielsweise spricht Heimleiter Karl-Eugen Weweler von 80 Prozent. Ihn habe es erschüttert, in welches Licht “wir in der Altenpflege gerückt werden”, sagt Weweler: “Das ist mehr als an den Haaren herbeigezogen”. Im Marienheim habe es mehrere Corona-Infektionen gegeben und einige der Bewohner seien im Krankenhaus behandelt worden, wenn die Versorgung im Haus nicht mehr möglich gewesen sei. “Von einer Behandlung abzuraten, ist nie ein Diskussionsthema gewesen”, stellt Weweler klar.