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Altenheim Expo mit pflegepolitischem Auftakt

Am 25. Oktober startete die „Altenheim Expo“ in Berlin mit einer pflegepolitischen Podiumsdiskussion. Die Forderung nach Reformen, welche die Diskutanten den künftig pflegepolitisch Verantwortlichen ins Pflichtenheft diktierten, setzte den Diskussionsauftakt des zweitägigen Strategiekongresses mit rund 320 Teilnehmer:innen.

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Foto: www.danielgeorge.de Pflegepolitische Standortbestimmung zum Auftakt der „Altenheim Expo“ am 25. Oktober in Berlin: Steve Schrader, Chefredakteur Altenheim und CAREkonkret (Mod.), Bernhard Schneider, EHS, Ursula Brüggemann, Doreafamilie, Manfred Stegger, BIVA, Andreas Weber, Convivo, Matthias Ehbrecht, Chefredakteur CARE Invest (Mod.) (v.l.).

Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, machte in der Podiumsdiskussion am Morgen keinen Hehl daraus, dass ihn das, was die potenziellen Ampel-Koalitionäre bisher in ihrem Sondierungspapier zum Thema Pflege formuliert haben, „maßlos enttäuscht“. Er habe die Sorge, dass die Pflegepolitik aufgrund klimapolitischer Akzentsetzungen stark aus dem politischen Blickfeld rücken könnte. Davor warnt er mit Nachdruck und erinnert an Reformbaustellen wie etwa beim Abbau der Sektorengrenzen, dem Eindämmen des Anstiegs der Eigenanteile von Bewohnern oder den „brutal ansteigenden“ Investitionskosten beim Bau von Pflegeimmobilien, die nach wie vor nicht gelöst seien. „Versucht es mit einer KAP 2.0“ will er deswegen den politischen Akteuren einer kommenden neuen Bundesregierung zurufen. Denn die Ideen für eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung, die sich der Lösung dieser Probleme annehmen, „sind da“, erinnert der Sprecher der Initiative Pro Pflegereform. Die Politik ruft er nun auf, „mit der Branche zusammen die große Reform zu erarbeiten“.

Als dramatisch bezeichnete es Ursula Brüggemann, CEO der Doreafamilie, wie derzeit mit den Unternehmen im Bereich der Pflege umgegangen werde. Zu investieren in ein attraktives Berufsumfeld werde für die Betreiber aufgrund geltender Rahmenbedingungen nämlich immer schwieriger. Den Betreibern fehlten schlicht die „Freiräume, um zu investieren“, kritisierte sie. Sie fordert, dass Politik bei Reformen grundsätzlicher agiert und das Thema „systemisch“ betrachtet, um zu tragfähigen Lösungen zu kommen. Brüggemanns Diagnose des pflegepolitischen Status quo teilte Dr. Andreas Weber von der Convivo Unternehmensgruppe. Auch er betrachtet die von der Pflegepolitik bislang eingeschlagenen Wege als zu „starr“. Jetzt erforderlich sei ein „großer Ansatz“ für die Pflegereform, das Drehen an kleinen Schrauben müsse überwunden werden. Das „Bild des Herumschraubens“ als Zustandsbeschreibung zurückliegender Pflegepolitik findet auch Bernhard Schneider zutreffend. Die künftige Bundesregierung müsse es überwinden, von einer Baustelle zur nächsten reformieren. Der große Wurf müsse endlich gelingen.

Aus der Sicht der Pflege-Betroffenen kritisierte Manfred Stegger, Vorstand des BIVA-Pflegeschutzbundes, dass sich die Bundesländer in der Vergangenheit mehr und mehr aus der Finanzierung der Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen zurückgezogen haben. Die Folge ist, dass Bewohnerinnen und Bewohner auch den Anstieg der Investitionskosten zu schultern haben. Dieser Rückzug der Länder aus der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Pflege-Infrastruktur sei nicht hinnehmbar, so Stegger. Hier müsse die künftige Bundesregierung das ihr Mögliche unternehmen, die Länder wieder in die Pflicht zu nehmen, so Stegger.

In der Podiumsdiskussion betonten die Moderatoren Steve Schrader, Chefredakteur Altenheim und CAREkonkret, und Matthias Ehbrecht, Chefredakteur CARE Invest, dass sich keiner der von den Diskutanten adressierten pflegepolitischen Verantwortlichen der Diskussion live auf dem Strategiekongress stellen konnte. Dies hatte zum Teil private Gründe. Aber auch die Tatsache des sich derzeit vollziehenden Regierungswechsels und des sich neu konstituierenden Parlaments seien dafür sicher ursächlich. Vor diesem Hintergrund seien die aus der Praxis formulierten Reformbaustellen und Lösungsvorschläge besonders wichtig, denn sie würden „an die Politik direkt weitergegeben“, so Ehbrecht, „wenn diese wieder ansprechbar ist“.