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Abgrenzung Regel- / Zusatzleistungen nach § 88 SGB XI
Abgrenzung Regel- / Zusatzleistungen nach § 88 SGB XI

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am 13.01.2011 zu Lasten einer Pflegeeinrichtung entschieden, dass die von ihr als Zusatzleistung erbrachten Begleitdienste für Bewohner zu Ärzten nicht als Zusatzleistungen abrechenbar, sondern Bestandteil der Regelleistung des Heimes seien. Diese Entscheidung erging, obwohl der Rahmenvertrag in Baden-Württemberg zur Beschreibung des Leistungsumfangs "Hilfen zur Mobilität" entgegen dem Wortlaut anderer Rahmenverträge ausdrücklich das "Planen und Organisieren" von Arztbesuchen ausweist, nicht hingegen das Begleiten des Bewohners. Aus den Urteilsgründen wird ferner deutlich, dass sich das Gericht bewusst war, dass sich die Rahmenvertragsparteien nicht über den Umfang der zu erbringenden Unterstützungsleistung einigen "konten oder wollten".
Dennoch gab das Gericht der zuständigen Heimaufsichtsbehörde mit seiner Auslgegung des Rahmenvertrages Recht, dass die Organisation eines Arztbesuches bei entsprechendem Bedarf des Bewohners mehr sei als eine reine Terminsabsprache, sondern die Begleitung zum Arzt mit einschließe. Ferner scheide die Abrechnung als Zusatzleistung i.S.d. § 88 SGB XI aus, wenn die Begleitung eine Leistung darstelle, auf die der Bewohner angewiesen sei. In solchen Fällen sei sie keine Leistung, die über das Maß des Notwendigen hinaus gehe.
Seit Jahren ist die Tendenz zu beobachten, dass Krankenkassen kaum noch Fahrtkosten für Fahrten zu Ärzten übernemen. Parallel wird es immer schwieriger, Hausärzte dazu zu bewegen, ihre Patienten persönlich im Heim aufzusuchen. In ländlichen Regionen nimmt die Arztdichte dramatisch ab, so dass weite Fahrten zu den Ärzten anfallen, insbesondere zu Fachärzten. Parallel fordert die steigende Zahl an Bewohnern mit starken Gesundheitsbeeinträchtigungen einen zunehmenden Bedarf, Fachärzte aufzusuchen.
Und für all diese Lücken soll der Heimträger zuständig sein! Dies ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Pflegeversicherung noch nie als Voll-Service-Versicherung konzipiert wurde, nicht mit dem Sinn des Gesetzes in Einklang zu bringen.
Nicht umsonst beginnen die Zusatzleistungen i.S.d. § 88 SGB XI dort, wo der Versorgungsvertrag i.V.m. dem Rahmenvertrag die Grenzen der "vereinbarten notwendigen" Leistungen festsetzt. Einigen sich die Vertragsparteien nicht auf einen Leistungsumfang wie das Begleiten zum Arzt, wie es im Baden-Württembergischen Rahmenvertrag der Fall ist, zählt diese Leistung auch nicht zum "vereinbarten" Regelleistungsspektrum und darf daher auch vom Heim als Zusatzleistung gesondert berechnet werden.
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