Pflege und Politik

Sondierungspapier in der Kritik

Das am 15. Oktober veröffentlichte Sondierungspapier einer möglichen Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP ruft in der Branche ein geteiltes Echo hervor. Kritische Stimmen sehen den Bereich Gesundheit und Pflege nicht ausreichend thematisiert. Unionspolitiker Stephan Stracke bezeichnet das Papier in dessen Aussagen zum Gesundheitsbereich als „echte Nullnummer“.

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Foto: AdobeStock/Of The Village Wohlfahrts- und Sozialverbände kritisieren die Ergebnisse der Ampel-Sondierungsgespräche im Bereich Pflege und Gesundheit.

Der Sozialverband VdK Deutschland etwa kritisiert die Ergebnisse der Sondierungsgespräche im Bereich Pflege und Gesundheit. VdK-Präsidentin Verena Bentele vermisst in dem Papier Pläne zur Stärkung der häuslichen Pflege sowie zur Zusammenlegung von privater und gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung. Es sei unverständlich, dass sich die FDP weiterhin gegen diesen wichtigen Schritt sperre, sagte Bentele in Berlin. Die häusliche Pflege auch angesichts des Fachkräftemangels zu stärken, wäre aus ihrer Sicht ein sinnvoller Ansatz. „Doch diese wird nicht einmal erwähnt, genauso wenig wie eine umfassende Pflegereform. Das ist einfach ideenlos“, kritisierte Bentele. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte scharfe Kritik. „Bei der Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen wird es konkret. Doch die Notsituationen der vier Millionen Pflegebedürftigen ist Rot-Gelb-Grün keine Zeile wert“, sagte Vorstand Eugen Brysch.

„Große Sorge“ bereitet dem Paritätischen Wohlfahrtsverband das Sondierungspapier. Die Leerstellen in dem Zwischenergebnis der Verhandlungen seien Anlass zu großer Beunruhigung: “Punkte, die wir ganz sicher auf der Tagesordnung einer neuen Bundesregierung sahen, finden sich in dem Papier überhaupt nicht wieder”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Als Beispiele nennt er eine umfassende Pflegereform, die Pflegebedürftige auch finanziell entlastet, Schritte in Richtung Bürgerversicherung in Rente und Pflege und eine endlich wirksame Mietpreisdämpfungspolitik. “Wir begrüßen zwar außerordentlich, dass es den gemeinsamen Willen gibt, die Bekämpfung des Klimawandels entschlossen anzugehen, doch umso mehr sorgt uns, dass es offenbar keine gemeinsame Vorstellung  zu der  sozialen Flankierung gibt”, so Schneider. Armutspolitisch bliebe das Sondierungspapier Antworten schuldig.

Die Diakonie Deutschland hat die Ergebnisse der Sondierungsgespräche hingegen begrüßt. Das Ergebnis lasse hoffen, dass die zukünftige Regierungskoalition die Weichen für die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft richtigstellt, erklärte der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie.

Als „echte Nullnummer“ bezeichnete der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Stracke, das Ergebnis der Sondierungen im Gesundheitsbereich. „Zur Pflege, zur Gesundheitsversorgung in der Stadt und auf dem Land und zur Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung wird nichts Konkretes gesagt. Stattdessen werden Allgemeinplätze aneinandergereiht. Aufbruch sieht anders aus! Gänzlich offen bleibt die Finanzierungfrage angesichts von Milliarden-Defiziten der Krankenkassen. Es steht zu befürchten, dass den Versicherten nun ein Beitragsschock ins Haus steht. Denn zur Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge steht kein Wort im Sondierungspapier“, so Stracke.

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten am Freitag vergangener Woche ihre Sondierungsgespräche abgeschlossen und wollen nun in Koalitionsverhandlungen eintreten. Einen Schritt Richtung Bürgerversicherung, wie ihn Grüne und SPD wollten, wird es nicht geben. „Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten“, heißt es. Zudem sind eine „Offensive für mehr Pflegepersonal“ sowie „Entbürokratisierung, die Nutzung digitaler Potenziale und klare bundeseinheitliche Vorgaben bei der Personalbemessung“ im Bereich der Pflege geplant.