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Neue Wohnformen: Stellschrauben kennen und nutzen
Die Pflegebranche befindet sich aktuell in einem herausfordernden Marktumfeld. Doch wie gelingt es nach besten Möglichkeiten zeitgemäße Pflegekapazitäten zu schaffen und diese nachhaltig wirtschaftlich zu betreiben? Ein Gespräch mit Dr. Marco Kelle, Bauingenieur und Experte auf dem Gebiet der Planung von Sozialimmobilien. Er ist Referent bei der Altenheim Konferenz „Neue Wege – Wohnen im Alter“.

Interview: Kerstin Hamann
- Die aktuelle Situation auf dem Immobilienmarkt wird allgemein als angespannt gesehen. Wie steht es dabei um Pflegeimmobilien?
Viele Soziale Träger und Investoren haben ihre Neubauvorhaben vorerst auf Eis gelegt, denn steigende Baupreise, Energiekosten und Zinsen verursachen einen Anstieg der Investitionskostensätzen bzw. Mieten, die durch die Verbraucher teilweise nicht mehr leistbar sind. Wenn in einem Neubauvorhaben im Betreuten Wohnen im August 2021 noch eine Nettokaltmiete von 12,00 € je m² erwirtschaftet werden musste, so müsste das Mietniveau in einem vergleichbaren Bauvorhaben heute auf 19,50 € je m² angehoben werden. In der stationären Pflege kann davon ausgegangen werden, dass je 1% Zinssteigerung die Investitionskosten für den Bewohner um 3,00 – 4,00 € je Tag steigt. Je 10 % Baukostensteigerung steigen die Investitionskosten um ca. 1,50 € pro Tag.
- Worauf kommt es in Zeiten steigender Kosten und Zinsen beim Bau neuer Pflege-Wohnformen besonders an?
Um unter diesen Vorzeichen wirtschaftliche Bauvorhaben zu realisieren, muss das Bewusstsein für die Beeinflussbarkeit der Baukosten bei Planern und Bauherren geschärft werden. Es ist wichtiger denn je, die Stellschrauben zu kennen und zu nutzen. Befindet sich ein Vorhaben erst in der Ausführung, existieren kaum noch Möglichkeiten der Kostenbeeinflussung. Der Grundstein für ein wirtschaftliches Bauvorhaben wird am Projektanfang gelegt. In der Projektvorbereitung muss ein Bauherr sein Hauptaugenmerk noch stärker auf die Standort- und Wettbewerbsanalysen legen. Welche Nachfrage besteht am fokussierten Standort. Wo liegt das Niveau der Haushaltseinkommen? Welche Mieten oder Investitionskostensätze sind realistisch erzielbar.? Im Zuge der Planung müssen die Themen Flächeneffizienz, Gebäudegeometrie sowie die Vereinfachung und Vereinheitlichung von Konstruktionen und Bauteilen Berücksichtigung finden. Hier muss der Planer Fingerspitzengefühl beweisen.
Neugierig geworden? Dann melden Sie sich an für die Altenheim Konferenz „NEUE WEGE – Wohnen im Alter: Ganzheitlich planen, integrativ & digital in herausfordernden Zeiten“ am 24./25. Mai in Hannover. Hier geht’s zum Programm.
- Stehen neue Fördermöglichkeiten seitens der Länder oder des Bundes dieses Jahr in Aussicht?
Seit dem unverhofften Stopp der KfW-Programme im Januar 2022 hat es wesentliche Veränderungen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gegeben. Über die BAFA werden verschiedene Einzelmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und Ausbau der Erneuerbaren Energien mit Zuschüssen gefördert. Über die KfW gibt es auch ab dem Frühjahr 2023 wieder Kredite und Zuschüsse für Klimafreundliche Neubauten und Sanierungen im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau. Neu ist dabei, dass nicht nur die Energieeffizienz der Gebäude Berücksichtigung finden, sondern auch die Nachhaltigkeit eines Gebäudes betrachtet wird.
Über die Kommunalrichtlinie können nicht nur strategische und investive Maßnahmen der Kommunen, sondern auch von öffentlichen, gemeinnützigen oder religionsgemeinschaftlichen Einrichtungen der Pflege, Betreuung, Unterbringung sowie Hilfe für Menschen gefördert werden. Es stehen also eine Reihe von Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, die passende Förderung für ein Vorhaben zu finden und die Rahmenbedingungen der einzelnen Programme gegeneinander abzuwägen.
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