Allgemein
Forscher: Unterfinanzierung führt zu Missständen in der Pflege
Der Historiker Hans-Walther Schmuhl hält trotz vieler Präventionsmaßnahmen auch künftig Übergriffe im Bereich der Pflege für nicht ausgeschlossen.

„Die Entstehung von Missständen, gerade auch von Gewaltverhältnissen in Einrichtungen, hat immer etwas mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu tun“, sagte Schmuhl in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wenn die Mittel knapp seien und in unzureichenden räumlichen Verhältnissen mit zu wenig oder schlecht ausgebildetem Personal eine große Gruppe von Menschen betreut werden müsse, „dann besteht immer ein großes Risiko für Zwang und Gewalt“, erläuterte der Historiker, der unter anderem zur Geschichte von mehreren Einrichtungen der Diakonie geforscht hat.
Mit großer Sorge sehe er den Bereich der Altenhilfe, sagte der Wissenschaftler. Hier müsse sich die Diakonie frühzeitig politisch artikulieren und darauf hinweisen, dass in bestimmten Bereichen eine Unterfinanzierung drohe. „Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es da zu Missständen kommen wird“, warnte Schmuhl. Als problematisch bewertet der Wissenschaftler einen zunehmenden Einsatz von Zeitarbeitskräften in der Pflege. So müsse in Urlaubszeiten häufig auf Zeitarbeitskräfte zurückgegriffen werden, weil mit dem bestehenden Personalschlüssel Lücken in der Urlaubszeit nicht gefüllt werden könnten. „Da können dann Mitarbeitende hineinkommen, die eigentlich nicht richtig ausgebildet und vorbereitet sind“, aber eigenverantwortlich eine Schicht machen müssten. Das System müsse jedoch so ausgelegt sein, dass immer qualifiziertes Personal dabei sei.
Der Bedarf an ausgebildeten Pflegekräften werde deutlich zunehmen, sagte der Wissenschaftler der Universität Bielefeld. Zugleich gebe es jedoch einen Mangel an Nachwuchs. „Niemand weiß, wie dieses Problem gelöst werden soll“, sagte Schmuhl. Grundsätzlich gehe die Diakonie inzwischen sehr offen mit den dunklen Kapiteln ihrer Geschichte um, sagte Schmuhl. Vieles sei über den Weg der Auftragsforschung bereits bearbeitet worden. Der Wissenschaftler gehört zu den Referenten der Fachtagung der Diakonie Deutschland an diesem Donnerstag in Bielefeld unter dem Titel „Ordnung und Freiheit – Ambivalenzen in der Geschichte der Diakonie“.
Erst kürzlich hatte der DAK-Gesundheitsreport offengelegt, dass Personalmangel krankt macht. Betroffen seien vor allem Kranken-und Altenpflegekräfte sowie alle, die in der Kinderbetreuung arbeiten.
Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu verfassen.
Sie haben noch kein Konto?
Jetzt registrieren