Personal
Ausbildungsvergütungen: Pflegekräfte in öffentlichen Einrichtungen an der Spitze
Die in Tarifverträgen vereinbarten Ausbildungsvergütungen weisen je nach Branche und Region große Unterschiede auf. Das unterstreicht eine aktuelle Auswertung von 20 Tarifbranchen des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die höchste Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr unter den untersuchten Tarifbranchen wird demnach aktuell mit rund 1.160 Euro für die Pflegeberufe gezahlt, die mittlerweile innerhalb der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes über gesonderte Regelungen verfügen.
„Die großen Unterschiede haben vor allem etwas mit der unterschiedlichen Verhandlungsposition der Gewerkschaften zu tun“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten, „da die Ausbildungsvergütungen in der Regel im Rahmen der allgemeinen Lohnverhandlungen vereinbart werden. Mittlerweile kommt hinzu, dass in vielen Branchen ein zunehmender Fachkräftemangel den Anpassungsdruck in Richtung auf bessere Ausbildungsbedingungen erhöht.“
Die Unterschiede bei den tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen zeigen sich bereits im ersten Ausbildungsjahr: In sechs der 20 untersuchten Tarifbranchen liegen die Vergütungen oberhalb von 1.000 Euro pro Monat. Hierzu gehören:
- der Öffentliche Dienst mit einer monatlichen Ausbildungsvergütung von 1.043 Euro (Bund und Gemeinden) bzw. 1.037 Euro (Länder),
- die chemische Industrie mit 1.042 Euro im Bezirk Nordrhein und 1.033 Euro im Bezirk Ost,
- die Metall- und Elektroindustrie mit 1.037 Euro in Baden[1]Württemberg und 1.007 Euro in Sachsen, • das Versicherungsgewerbe mit bundeseinheitlich 1.040 Euro,
- das Bankgewerbe mit bundeseinheitlich 1.036 Euro sowie
- die Deutsche Bahn AG mit bundeseinheitlich 1.004 Euro.
Die höchste Ausbildungsvergütung unter den hier untersuchten Tarifbranchen wird aktuell mit 1.166 Euro (Öffentlicher Dienst: Bund und Gemeinden) bzw. 1.161 Euro (Öffentlicher Dienst: Länder) für die Pflegeberufe gezahlt, die mittlerweile innerhalb der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes über gesonderte Regelungen verfügen. Damit hätten die Tarifvertragsparteien auf den akuten Fachkräftemangel in diesem Bereich reagiert, ordnet das WSI in einer Pressemitteilung ein und betont: „Allerdings gelten diese Ausbildungsvergütungen verbindlich nur für öffentliche Einrichtungen, die unter den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) oder den Tarifvertrag der Länder (TV-L) fallen. In privaten Pflegeeinrichtungen ohne Tarifvertrag kann die Ausbildungsvergütung hingegen auch deutlich geringer ausfallen.“
In zehn der untersuchten 20 Tarifbranchen betragen die monatlichen Ausbildungsvergütungen im ersten Jahr zwischen 700 und 1.000 Euro. Hierzu gehören das Bauhauptgewerbe, die Druckindustrie, der Einzelhandel, das Gebäudereinigerhandwerk, die Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie, das Hotel- und Gaststättengewerbe, das KFZ-Handwerk, das Private Verkehrsgewerbe, die Süßwarenindustrie und die Textilindustrie.
Die erheblichen Unterschiede zwischen den Branchen setzen sich laut WSI auch im zweiten und dritten Ausbildungsjahr fort. So variieren die Ausbildungsvergütungen im zweiten Lehrjahr zwischen 415 Euro im Friseurhandwerk von Thüringen und 1.230 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe. Im dritten Lehrjahr liegen die Unterschiede zwischen 465 Euro (Friseurhandwerk Türingen) und 1.495 Euro (westdeutsches Baugewerbe). In insgesamt elf Tarifbranchen verdienen die Auszubildenden ab dem dritten Jahr zum Teil deutlich mehr als 1.000 Euro. In weiteren vier Branchen wird dann zumindest in den westdeutschen Tarifbezirken die 1.000-Euro-Marke überschritten. „Nach wie vor gibt es allerdings eine Reihe von Branchen mit sehr niedrigen Ausbildungsvergütungen“, erläutert Schulten. „Nach der Corona-Pandemie besteht gerade dort die Gefahr, dass sich über kurz oder lang nicht mehr genügend junge Leute für eine Ausbildung interessieren und sich der Fachkräftemangel immer weiter verschärft. Deshalb ist gerade in den klassischen Niedriglohnbereichen eine Stärkung der Tarifbindung und eine deutliche Aufwertung von Löhnen und Ausbildungsvergütungen nötig.“
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