Pflege und Politik
AGVP: In Deutschland droht ein Heimsterben
Der private Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) schlägt Alarm: In Deutschland stehen viele stationäre Pflegeeinrichtungen vor dem Aus. Der Verband fordert eine Finanzspritze für die Heime und die Abschaffung unrealistischer Personalschlüssel.

Die Altenpflege in Deutschland steht unter enormen Druck: Die Eigenbeiträge der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen erreichen neue Höchststände, die hohe Inflation lässt die Kosten explodieren, Pflegefachkräfte werden händeringend gesucht, die Fachkräftezuwanderung wird bürokratisch verbummelt und Pflegeheime müssen wegen Insolvenz schließen. Jüngstest Beispiel ist die drohende Insolvenz des privaten Pflegeheimbetreibers Hansa mit Sitz in Oldenburg, der insgesamt 23 Heime betreibt.
Auf einer Pressekonferenz in Berlin fordert AGVP-Präsident Thomas Greinerdie Bundesregierung auf, die Probleme anzupacken: „Wir müssen uns in der Pflegepolitik von Illusionen verabschieden und der Wirklichkeit zuwenden. Derzeit kalkulieren wir mit Belegungszahlen, die nicht mehr stimmen, mit Personal, das wir nicht haben, und betrachten uns als Magnet für ausländische Fachkräfte, der wir nicht sind.“
Drei Sofortmaßnahmen fordert der AGVP, um ein Heimsterben zu verhindern. Kurzfristig seien Finanzhilfen für die Pflegeeinrichtungen erforderlich, um die Heime vor der Insolvenz zu schützen. Außerdem müsse sich die Finanzierung der Einrichtungen an realistischen Belegungszahlen orientieren. Derzeit sei eine Belegung von 96 bis 98 Prozent erforderlich, um die gesetzlich vorgeschriebene wirtschaftliche Betriebsführung zu ermöglichen. Die durchschnittliche Belegung liege aber zum Beispiel bei den AGVP-Mitgliedsunternehmen lediglich bei 82 Prozent. Neben den Folgen der Pandemie sei auch der Fachkräftemangel ein Grund für die niedrige Belegung der Pflegeheime. Aus diesem Grund sei es auch notwendig, “sich von den unrealistischen Personalschlüsseln zu verabschieden”, so Greiner. In der Altenpflege würden Personalvorgaben gemacht, “als gäbe es in den Heimen eine Bewerberschwemme. Wir müssen uns von diesem Goldstandard verabschieden.”
Darüber hinaus fordert der Verband die Länder, Kommunen und Pflegekassen auf, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und die Finanzierung der Altenpflege sicherzustellen. So würden die Länder ihre Pflicht, die Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen zu finanzieren, nur unzureichend erfüllen. Auch die Vergütung durch die Pflegekassen entspreche nicht der gesetzlichen Vorgabe, einen wirtschaftlichen Betrieb von Pflegeeinrichtungen zu ermöglichen. Die Kommunen wiederum springen zwar ein, wenn Pflegebedürftige ihren Eigenanteil nicht mehr aufbringen können. Sie lassen sich damit aber mehrere Monate Zeit, in denen die Pflegeanbieter die Kosten tragen müssten.
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Viele Pflegeheime stehen wirtschaftlich vor dem Aus. Hilft der jüngst von Gesundheitsminister Karl Lauterbach vorgelegte Entwurf einer Pflegereform (PUEG) weiter, um diesen Trend zu stoppen? Stimmen Sie ab und sagen Sie uns Ihre Meinung! Zur Umfrage geht es hier.
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