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Telematikinfrastruktur: Ärzte fordern Digitalisierungspause

Auf dem 125. Deutschen Ärztetag in Berlin wurde die Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) scharf kritisiert. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, forderte die künftige Bundesregierung auf, eine Digitalisierungspause in diesem Bereich zu machen.

Foto: pixabay Die Telematikinfrastruktur soll das Gesundheitssystem vernetzen. Nach Einschätzung der Bundesärztekammer verläuft die Einführung jedoch überhastet und unkoordiniert.

Auf dem 125. Deutschen Ärztetag Anfang November wurde deutlicher Kritik an einer unkoordiniert vorangetriebenen Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen und darauf aufbauender neuer digitaler Dienste laut. Digitale Anwendungen müssten praxistauglich sein und einen tatsächlichen Nutzen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten nachweisen. Der 125. Deutsche Ärztetag hat deshalb intensive und flächendeckende Testphasen mit einer Dauer von mindestens zwölf Monaten gefordert, bevor Anwendungen der Telematikinfrastruktur in den Praxisalltag eingeführt werden.

“Die elektronische Patientenakte, das eRezept und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verändern die Arbeitsabläufe in Praxen und Kliniken nachhaltig. Ärztinnen und Ärzte werden dies nur akzeptieren, wenn die neuen Prozesse sicher, störungsfrei und zügig ablaufen”, erklärte Erik Bodendieck, Co-Vorsitzender des Ausschusses „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“ der Bundesärztekammer. Aktuell sei dies nicht sichergestellt; Bedenken oder sogar Warnungen zurückliegender Ärztetage habe die gematik ignoriert oder abgekanzelt. “Die Konsequenzen sehen wir jetzt. Die Testergebnisse sind mehr als ernüchternd”, betonte Bodendieck. Dass die Delegierten nun in einem der elf Beschlüsse zu Digitalisierung sogar ein Moratorium für die Einführung der Anwendungen fordern, zeige den Unmut der Ärzteschaft über die praxisuntaugliche Qualität.

Um einer nutzerorientierten Weiterentwicklung der Anwendungen der Telematikinfrastruktur zukünftig Rechnung zu tragen, forderte der Deutsche Ärztetag eine Neujustierung der Strukturen der gematik. “Jetzt rächt sich, dass die gematik die Anforderungen der Gesellschafter übergeht, die die Patientenversorgung verantworten. Diese Gesellschafter müssen einen stärkeren Einfluss haben”, so Bodendieck.

“Das Jahr Pause würde doch kaum ein Arzt nutzen, um sich an die Digitalisierung zu gewöhnen”, hielt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einem Interview mit dem “Handelsblatt” dagegen, der dem Ärztetag dieses Jahr fernblieb. “Deswegen lieber sofort einsteigen, das System ständig verbessern, voneinander lernen – und ja, auch helfen.” Der Christdemokrat plädierte daher für einen “Digitalpakt für Ärzte”. Die nächste Regierung müsse für Investitionen, Schulungen, die Neuorganisation des Praxisalltags sowie IT-Sicherheit “Geld in die Hand nehmen”.

Digitalisierung und Telematik in der Altenhilfe

Wie gelingt die Anbindung der Pflege an die Telematikinfrastruktur? Was Pflegeeinrichtungen über die neuen Digital-Gesetze und Datenschutz wissen müssen, erfahren Sie auf der Altenheim Konferenz Perspektiven am 7. und 8. Dezember wahlweise in Präsenz in Dortmund oder per Live-Stream digital. Mehr zum Programm und zur Anmeldung lesen Sie hier.