Pflege und Politik

Pflegereform beschlossen – Kritik bleibt

Der Bundestag hat am 11. Juni die von der Koalition über das GVWG eingebrachte Pflegereform verabschiedet. Von Arbeitgeberverbänden erntet das Reformwerk viel Kritik.

Das am 11. Juni vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) sorge für „Tarifbezahlung für Pflegekräfte und zugleich Entlastung für Pflegebedürftige bei den Eigenanteilen“, teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußerte sich zufrieden mit dem Reformwerk: „Mit höheren Löhnen, mehr Kompetenzen und mehr Kolleginnen und Kollegen machen wir den Pflegeberuf attraktiver. Gleichzeitig entlasten wir Pflegebedürftige und ihre Familien in Pflegeheim künftig neben dem nach Pflegegrad differenzierten Leistungsbetrag einen Zuschlag. Er steigt mit der Dauer der Pflege: Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse 5 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent.“ Der SPD-Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut, MdB und Mitglied des Gesundheitsausschusses, zeigte sich ähnlich zufrieden wie der Bundesgesundheitsminister. „Mit der Pflegereform können wir einerseits den engagierten Pflegekräften endlich die Anerkennung zollen, die sie angesichts der Herausforderungen seit dem letzten Jahr verdient haben. Andererseits sorgen wir dafür, dass auch Pflegebedürftige spürbare Verbesserungen erhalten.“

Weitere zentrale Regelungen des Gesetzes im Überblick:

  • In der ambulanten Pflege werden die Sachleistungsbeträge um 5 Prozent erhöht.
  • Pflegefachkräfte erhalten mehr Entscheidungsbefugnisse bei der Auswahl von Hilfs- und Pflegehilfsmitteln.
  • Es werden gesetzliche Anreize für den Ausbau der Kurzzeitpflege gesetzt.
  • Zur Finanzierung der Pflegeversicherung wird ein Bundeszuschuss in Höhe von 1 Mrd. Euro pro Jahr einführt; der Beitragszuschlag für Kinderlose steigt um 0,1 Prozentpunkte
  • In Pflegeheimen soll auf Grundlage des neuen Personalbemessungsverfahrens ein bundeseinheitlicher Personalschlüssel gelten.

Arbeitgeberverbände äußerten sich am Tag der Verabschiedung des Gesetzes enttäuscht und äußerten deutliche Kritik. „Das ist eine Entscheidung gegen jede Vernunft und gegen mittelständische Unternehmen der Pflegewirtschaft und offensichtlich allein dem Wahlkampf geschuldet. Das Gesundheitssystem und die Beitragszahler werden mit Milliarden zusätzlich belastet, für die Pflegebedürftigen wird es teurer werden, für die Beschäftigten wird es in vielen Fällen nicht die erhofften Lohnzuwächse geben und den Unternehmen nimmt man die Existenzgrundlage. Schlechter kann ein Gesetz nicht sein, bei dem es nur Verlierer gibt. Die Auswirkungen werden wir in den nächsten Jahren zu spüren bekommen“, kommentierte Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa).

„Trotz stetig steigender Löhne in der Altenpflege hat sich die Politik in die Sozialpartnerschaft eingemischt und die tarifliche Entlohnung als zwingende Voraussetzung für die Leistungserbringung in der stationären Altenpflege zementiert“, kritisierte Isabell Halletz, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP). Damit die Verpflichtung zur tariflichen oder tarifähnlichen Bezahlung nicht zu Versorgungsunsicherheiten führt und voll zu Lasten der Arbeitgeber geht, müssten höhere Löhne auch voll refinanziert werden, forderte Halletz: „Gesetze beschließen, ohne die Folgen, die sich daraus ergeben zu bedenken, ist nicht mit seriöser Politik in Einklang zu bringen. Es dürfen keine Finanzierungslücken entstehen, die dann auf die Pflegebedürftigen umgelegt werden müssten.

Mehr zum Thema: Im Altenheim-Webinar (die Teilnahme ist für Altenheim-Abonnenten kostenfrei) am 24. Juni gibt Referent Ronald Richter einen Überblick über die Last-Minute-Pflegereform. (dk)