Allgemein

Einfluss der Vergütungssätze auf die Wirtschaftlichkeit

Der Gesetzgeber hat geregelt, dass die hauswirtschaftlichen Kosten in der Versorgung von Pflegebedürftigen vorrangig durch die Entgelte der Vergütung der Unterkunft und Verpflegung gedeckt sein müssen. Verhandelt wird das auf Länderebene: Während die Sachkosten weitgehend einheitlich verstanden werden, gibt es beim Personalschlüssel erhebliche Unterschiede.

Foto: Adobe Stock - Christian Schwier

Stationäre Pflege ist untrennbar verbunden mit der Hauswirtschaft. Es kann keine stationäre Pflege im Pflegeheim geben, ohne dass die Bewohner auch eine hauswirtschaftliche Versorgung erhalten. In der ambulanten Pflege erfolgt dies durch die bereits zuvor gelebten Strukturen in Haus oder Wohnung. Wenn allerdings ein Pflegebedürftiger seinen Lebensmittelpunkt in eine stationäre Pflegeeinrichtung verlagert, so muss er zwangsläufig neben den besonderen Leistungen der stationären Pflege auch eine Versorgung in seinen hauswirtschaftlichen Bereichen erhalten.

Insofern muss die stationäre Pflege immer auch unter Einbeziehung der Hauswirtschaft betrachtet werden, denn die beiden Bereiche bedingen sich gegenseitig. Dabei sind die Anforderungen an diese Leistungen ungleich höher als in der Häuslichkeit. Es gilt, den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Pflegebedürftigen gerecht zu werden, aber auch den Besonderheiten aus dem Zusammenleben einer Vielzahl körperlich und/oder geistig eingeschränkter Menschen unter einem Dach.

Pflege und Hauswirtschaft sind untrennbar verbunden

Diese Leistung ist durch die stationäre Pflegeeinrichtung zu erbringen. Sie muss dem Pflegebedürftigen entsprechend des Heimvertrages eine adäquate Versorgung mit hauswirtschaftlichen Leistungen bieten. Dies kostet Geld.

Obwohl die hauswirtschaftlichen Leistungen untrennbar mit der Pflege verbunden sind, hat der Gesetzgeber bei der Konzeption der Pflegeversicherung eine Voll-versorgung des stationär pflegebedürftigen Menschen durch die Pflegekasse abgelehnt. Es sollten die Rahmenbedingungen vergleichbar zur Häuslichkeit aufgebracht werden, bei der der Pflegebedürftige ebenfalls selbst für die Kosten der Wohnung, Reinigung, Lebensmittel etc. aufkommt. In-sofern hat auch in der stationären Pflegeeinrichtung der Pflegebedürftige die Kosten für die Hauswirtschaft selbst zu tragen. Sie sind entsprechend der Regelungen des § 87 SGB XI bundesweit in der Position „Unterkunft und Verpflegung“ abgebildet.

Der Pflegebedürftige muss insofern die Kosten für die „Unterkunft und Verpflegung“, also der gesamten hauswirtschaftlichen Leistungen für seinen Aufenthalt in der Einrichtung aus den eigenen Einkünften – z. B. der Rente – bzw. seinem Vermögen bestreiten. Soweit er hierzu wirtschaftlich nicht in der Lage ist, wird der Sozialhilfeträger einspringen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen des SGB XI geben vor, dass durch die Pflegesätze die anfallenden Kosten der Einrichtung gedeckt sein müssen. Das bedeutet, dass die Kosten, die für die hauswirtschaftliche Versorgung der Pflegebedürftigen anfallen, durch den Pflegesatz einschließlich der Vergütung von „Unterkunft und Verpflegung“ voll gedeckt sein müssen. Wenn man diese Berechnung umdreht, ergibt sich aus dem Vergütungssatz für „Unterkunft und Verpflegung“ einschließlich eines Risikopuffers das Budget, das in der Hauswirtschaft in der jeweiligen Vergütungsperiode ausgegeben werden darf.

Positionen müssen definiert sein

Es ist also grundsätzlich möglich, anhand des Vergütungssatzes für „Unterkunft und Verpflegung“ zumindest annähernd ein Budget für die ab Beginn der Vergütungsperiode folgenden zwölf Monate zu errechnen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ein Überblick darüber besteht, welche Positionen zur Hauswirtschaft, sprich „Unterkunft und Verpflegung“ gerechnet werden bzw. was den Pflegeleistungen oder den Zusatzleistungen zugerechnet werden muss.

So finden etwa die Kosten für die Wohnbereichsleitungen in dem Vergütungssatz für die „Unterkunft und Verpflegung“ keine Berücksichtigung. Andersherum finden die Personalkosten für die Reinigungskräfte ausschließlich bei der „Unterkunft und Verpflegung“ Berücksichtigung.

Aber die Abgrenzung ist nicht immer so leicht. Beispielhaft für schwierigere Abgrenzungen seien die Gemeinschaftsveranstaltungen oder Jahreszeitenfeste erwähnt. Diese sollen nach den Vorgaben der Qualitätsprüfungsrichtlinie des MDK für die stationären Pflegeeinrichtungen gemäß § 114 SGB XI in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Denkbar ist, diese im Rahmen der Betreuungsleistungen den allgemeinen Pflegeleistungen zuzuordnen. Alternativ wäre auch möglich, die anfallenden Kosten dem Budget der Zusatzleistungen zuzurechnen, sofern sie über den üblichen Rahmen hinausgehen. Zur Klarstellung und Erleichterung bei der Zuordnung der in der stationären Pflege anfallenden Kosten kommen die Rahmenverträge gemäß § 75 SGB XI ins Spiel.

Auf Länderebene werden über die Landes-Rahmenverträge zur Erbringung der stationären Pflege in den 16 verschiedenen Bundesländern Vorgaben darüber gemacht, was den Bereich „allgemeine Pflegeleistungen“, der „Unterkunft und Verpflegung“ oder den Zusatzleistungen zuzuordnen ist.

In den Ländern gilt das Vereinbarungsprinzip

Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die Bundesländer gehalten, die Inhalte auch der stationären Pflegeleistungen auf Länderebene zu regeln. Es gilt das Vereinbarungsprinzip.

Die Rahmenverträge werden nach diesem Prinzip in jedem Bundesland zwischen den Kostenträgern und den Leistungserbringern ausgehandelt und stellen somit inhaltlich einen Kompromiss dieser beiden an sich konträren Positionen dar.

Für die Hauswirtschaft bedeutet das, dass sich aus dem Rahmenvertrag des jeweiligen Bundeslandes die grundlegenden Zuordnungen und der Leistungsumfang der „Unterkunft und Verpflegung“ ergibt. Inhaltlich kann es zwischen den Ländern durchaus Unterschiede bei der Frage geben, welche Leistungen der „Unterkunft und Verpflegung“ zuzuordnen sind.

Die Kosten für die vorgenannte Durchführung von Gemeinschaftsveranstaltungen etwa werden nach allgemeinem Kenntnisstand in allen Bundesländern ausschließlich dem Bereich der „Unterkunft und Verpflegung“ zugeordnet.

 

 

 

 

 

 

 

 

Leistungsinhalte für Unterkunft und Verpflegung

Die übergeordnete Bundesempfehlung zu den Inhalten der Rahmenverträge, die keinen verbindlichen Charakter aufweist, jedoch in vielen Rahmenverträgen aufgegriffen worden ist, sieht für die „Unterkunft und Verpflegung“ folgende Leistungsinhalte gemäß § 2 der Bundesempfehlung vor:

  • Ver- und Entsorgung, wozu die Versorgung mit Wasser und Strom sowie der Abfall zählt.
  • Die Reinigung des Wohnraums und der Gemeinschaftsräume, aufgeteilt in die Sichtreinigung, die Unterhaltsreinigung und die Grundreinigung.
  • Die Wartung und Unterhaltung des Gebäudes und die Wartung der Ausstattung technischen Anlagen und Außenanlagen. Hierbei ist auf die rahmenvertragliche Abgrenzung zur Instandhaltung zu achten.
  • Wäscheversorgung, die die Bereitstellung und Reinigung der von der Einrichtung zur Verfügung gestellten Wäsche sowie das maschinelle Waschen und Bügeln der persönlichen Wäsche und Kleidung des Bewohners erfasst.
  • Die Speise- und Getränkeversorgung umfasst die Zubereitung und die Bereitstellung von Speisen und Getränken, wobei mit den Kostenträgern in der Pflegesatzverhandlung die Frequenz insbesondere der Speiseversorgung abgestimmt werden sollte. Hierzu zählt auch die Speiseversorgung von Diabetespatienten, so dass sich diese Speiseversorgung nicht auf die drei Hauptmahlzeiten beschränkt, sondern auch die Zwischenmahlzeiten einschließt. Die Getränkeversorgung umfasst nach allgemeinem Kenntnisstand in allen 16 Bundesländern die kostenlose Bereitstellung von Wasser und Kaffee bzw. Tee. Darüber hinausgehende Getränkewünsche können von der Einrichtung angeboten werden, dürften aber in der Regel den Zusatzleistungen zugerechnet werden.
  • Die Durchführung von Gemeinschaftsveranstaltungen umfasst den tatsächlichen Aufwand der Veranstaltung selbst ohne die Kosten für die Organisation.

Die Personalfrage ist höchst komplex

Die in „Unterkunft und Verpflegung“ anfallenden Kosten können nach Personal- und Sachkosten aufgeteilt werden. Die Sachkosten sprechen für sich, es handelt sich um die Kosten für Sachmittel, die im Bereich der Hauswirtschaft anfallen, von Reinigungsmitteln über Rasendünger bis hin zu den Lebensmitteln. Komplexer ist oftmals der Umgang mit den in der Hauswirtschaft geplanten Budgets im Bereich „Personal“.

Zentrale Frage ist dabei die Thematik der vorzuhaltenden Personalmenge im Bereich der Hauswirtschaft. Im Leistungsbereich „Pflege“ gibt es Personalschlüssel und die berühmte Fachkraftquote, die feste Vorgaben hinsichtlich der Personalmenge machen. Anhand der Bewohnerzahl und deren Einstufung in die Pflegegrade ergibt sich der Pflegeaufwand, der mit der entsprechenden Personalmenge und Qualifikation betreut wird. Die einzelnen Schlüssel bzw. Korridore weisen zwischen den Ländern teilweise erhebliche Unterschiede auf, aber das System ist prinzipiell zwischen den Ländern vergleichbar.

Im Bereich der Hauswirtschaft sind die systematischen Unterschiede größer. Die Rahmenverträge und die sich daraus ergebenden Kalkulationsvorgaben unterscheiden sich teilweise erheblich. Dies erscheint nachvollziehbar: Im Gegensatz zur Pflege hat die Zahl der pflegebedürftigen Bewohner nicht immer einen proportionalen Einfluss auf den anfallenden Arbeitsaufwand wie beispielsweise Reinigung oder Wäsche.

Jedoch gilt auch hier in den meisten Ländern eine Orientierung an der Zahl der in der Einrichtung lebenden Pflegebewohnern. Allerdings ist die Regelungsdichte unterschiedlich. So gibt es teilweise einen pauschalen Schlüssel zwischen Bewohnerzahl und vorzuhaltenden Mitarbeitern, der sodann auf die verschiedenen Bereiche der Hauswirtschaft zu verteilen ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beispiel Niedersachsen: So wird etwa in Niedersachsen unabhängig von der (neueren) Personalaufstellung über einen Schlüssel von 6,3 Bewohnern zu einer Hauswirtschaftskraft – ohne Haustechnik –verhandelt.

Demnach stehen in einem voll belegten 80-Betten-Haus vereinfacht gerechnet 12,70 VK mit 38,5 Stunden pro Woche für den Bereich Hauswirtschaft – dort: Wirtschaftsdienste – zur Verfügung, sprich: Hauswirtschaftsleitung, Reinigung, Wäsche und Küche. Wie sich die Zahl der Mitarbeiter auf die einzelnen Bereiche verteilt, bleibt dem Träger überlassen bzw. wird erst in der Personaldarstellung relevant.

Beispiel Schleswig-Holstein: Nach einem anderen System wird in Schleswig-Holstein verhandelt: In jedem Teilbereich der Hauswirtschaft wird im Rahmen der Angemessenheit des Vergütungssatzes die notwendige Personalmenge bewertet, wobei detailliert jede Position nach Stellenanteil und Kosten pro Stelle verhandelt wird. Besonderheit ist dabei der Bereich der Hausreinigung, die anhand der Flächen des Hauses berechnet wird. Es werden die Flächen der Bewohnerzimmer, Gemeinflächen etc. abgefragt. Anhand der durch Hygienevorschriften und Rahmenvertrag vorgegebenen Reinigungsfrequenzen der einzelnen Bereiche ergibt sich ein Arbeitsaufwand, der in Vollzeitstellen bewertet werden kann. Wenn die Einrichtung in der Pflegesatzverhandlung bei dieser Berechnung zu viel Personal für die Hausreinigung in die Vergütung für „Unterkunft und Verpflegung“ einstellt, so werden die über das Personal-Soll hinausgehenden Stellen mit den einhergehenden Personalkosten als unwirtschaftlich abgelehnt.

Zwar kann die Einrichtung gleichwohl die erhöhte Personalmenge vorhalten, aber es steht dem keine Refinanzierung über die Pflegesätze gegenüber, da diese zusätzlichen Personalkosten nicht in die Vergütungssätze für „Unterkunft und Verpflegung“ einbezogen worden sind.

Dies gilt für alle Bundesländer. Auf der anderen Seite können Unterschreitungen bei den vereinbarten Personalmengen sowohl von den Pflegekassen als auch von den Aufsichtsbehörden verfolgt werden.

Kompliziert wird die Berechnung sowohl der möglichen Vergütungssätze für „Unterkunft und Verpflegung“ als auch der Budgetentwicklung für den anstehenden Wirtschaftszeitraum, wenn externe Dienstleister mit einbezogen werden müssen. Dies kann sich bspw. auf die Reinigung von Wäsche oder auf den Bezug von „Fertigessen“ beziehen. Auch dabei wird zwischen den Ländern sehr unterschiedlich vorgegangen.

Diese Unterschiede wirken sich insofern auf die Arbeit der Hauswirtschaft aus, als dass sich aus den verhandelten Vergütungssätzen wiederum das zur Verfügung stehende Budget für die hauswirtschaftlichen Leistungen ergibt. So differenzieren viele Länder sorgfältig nach dem durch die externe Belieferung oder Leistungen ersparten Personal- aber auch den Sachkosten (z. B. Lebensmittel). Andere Länder konzentrieren sich in der Verhandlung auf „ersparte“ Personalstellen und errechnen aus den sich daraus ergebenden Personalkosten den maximal zu berücksichtigenden Kostenrahmen für die jeweilige externe Leistung.

Länderunterschiede sind erheblich

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich die Vorgaben für eine wirtschaftliche Führung der hauswirtschaftlichen Leistungen in der stationären Pflege im Wesentlichen aus den Ergebnissen der Pflegesatzverhandlung ergeben. Diese führen zu den Vergütungssätzen, die wiederum die – hoffentlich – kostendeckenden Umsätze bewirken.

Die Länderunterschiede der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Errechnung und Bewertung dieser Leistungen sind teilweise erheblich. Da gleichzeitig hohe Anforderungen z. B. durch hygienerechtliche Vorgaben einzuhalten sind, ist eine sorgfältige Planung zwingend. Einmal aufgesetzt, wiederholt sie sich jedoch vielfach im Lauf der Jahre. Das macht Mut!

> Autor: Hinrich Christophers, Rechtsanwalt, Steinmeyer & Partner Rechtsanwälte mbB, Hamburg. Kontakt: h.christophers@steinmeyer-law.de

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