Themenspecial Arbeitsschutz und Sicherheit
Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, Beschäftigte in der Hauswirtschaft vor den unterschiedlichsten Gesundheitsgefahren zu schützen – von Unfällen über Infektionsrisiken bis hin zu Hautbelastungen. Dabei sind technische Schutzmaßnahmen bevorzugt vor organisatorischen und vor personenbezogenen Maßnahmen zu ergreifen.
Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren ihrer Beschäftigten zu treffen.
Ganzheitlicher Arbeitsschutz umfasst die stetige Verbesserung der Arbeitsbedingungen und damit die Förderung der physischen und psychischen Gesundheit. Für einen funktionierenden Arbeitsschutz sind Unternehmensleitung und Beschäftigte gleichermaßen gefragt: Alle Beteiligten müssen mögliche Gefährdungen kennen und Schutzmaßnahmen anwenden.
Gefährdungsbeurteilung als Dreh- und Angelpunkt
Nur wenn bekannt ist, welche Gefährdungen in jedem Arbeitsbereich bestehen, können Arbeitskräfte sinnvoll geschützt werden. Wer Angestellte beschäftigt, muss deshalb laut Arbeitsschutzgesetz und DGUV Vorschrift 1 eine Gefährdungsbeurteilung erstellen. Unterstützt von Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit ermittelt und beurteilt der Arbeitgeber Gefährdungen und Belastungsschwerpunkte.
Es lohnt sich, die Beschäftigten mit einzubeziehen: Sie kennen ihren Arbeitsplatz am besten. Für die Tätigkeiten in den Arbeitsbereichen werden die spezifischen Gefährdungen ermittelt und Schutzmaßnahmen festgelegt. Dabei gilt das TOP-Prinzip: Bevorzugt sind technische Schutzmaßnahmen vor organisatorischen vor personenbezogenen Maßnahmen zu ergreifen.
Belastungen in der Hauswirtschaft
In Pflegeunternehmen ist die Hauswirtschaft eines von mehreren Tätigkeitsfeldern, für das Gefährdungen erfasst und beurteilt werden müssen. Zu den häufigsten Gefährdungen zählen Stolpern, Rutschen und Stürzen, Hautbelastungen, Belastungen des Muskel-Skelett-Systems sowie Lärm und elektrischer Strom. Im Folgenden werden häufige Gefährdungen und mögliche Schutzmaßnahmen beispielhaft aufgeführt.
Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle gehören in der Hauswirtschaft zu den häufigsten Unfällen und können ernsthafte Verletzungen zur Folge haben. Im Rahmen hauswirtschaftlicher Tätigkeit wird die Gefahr durch verunreinigte oder nasse Böden erhöht. Auch verstellte Wege und Stolperfallen erhöhen das Risiko. Wer schwere oder sperrige Lasten trägt – zum Beispiel Kessel, Töpfe, Eimer oder Kisten – läuft Gefahr, Hindernisse zu übersehen und sich durch die getragenen Gegenstände zusätzlich zu verletzen.
Maßnahmen: Die Gefahr von Unfällen wird unter anderem reduziert durch rutschhemmende Bodenbeläge, optimierte Arbeitsabläufe und geeignete Arbeitsschuhe.
- Technisch:
– Bodenbeläge mit geeigneter Rutschhemmklasse verlegen
– Wagen und Hebehilfen verwenden
– Gefahrenstellen verkleiden und verdecken
- Organisatorisch:
– Rutschige Stellen sofort reinigen
– Stolperfallen beseitigen
– Arbeitsabläufe optimieren
- Personenbezogen:
– Beschäftigte unterweisen
– Haltgebende, vorne und hinten geschlossene Schuhe (Arbeits- oder Sicherheitsschuhe) mit einer rutschhemmenden Sohle tragen.
Hautbelastungen: Die Haut an den Händen von Beschäftigten in der Hauswirtschaft ist vielen Belastungen ausgesetzt: Zum Beispiel durch häufiges Händewaschen oder den Kontakt mit feuchten Lebensmitteln. Auch Reinigungs- und Flächendesinfektionsmittel beanspruchen die Haut sehr stark, ebenso wie längeres Tragen von Schutzhandschuhen. Diese Hautbelastungen können zu Abnutzungsekzemen und allergischen Kontaktekzemen führen.
Maßnahmen: Die meisten beruflich bedingten Hauterkrankungen lassen sich mit Schutz- und Pflegemaßnahmen vermeiden. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören die Verwendung von geeigneten Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegeprodukten und das Tragen der richtigen Handschuhe.
- Technisch:
– Bei Desinfektions- und Reinigungsmitteln auf weniger belastende Ersatzstoffe zurückgreifen
– Dosieranlagen verwenden
– Für die Händereinigung Syndets im Spender verwenden
– Keine kombinierten Hautreinigungs- und Hautdesinfektionsprodukte verwenden
– Duftstofffreie und konservierungsmittelfreie Produkte verwenden
- Organisatorisch:
– Hautschutz- und Hygieneplan erstellen
– Durch wechselnde Tätigkeiten die Feuchtarbeit zeitlich begrenzen
– Arbeitsmedizinische Vorsorge bei regelmäßig mehr als zwei Stunden Feuchtarbeit am Tag anbieten
– Bei regelmäßig mehr als vier Stunden Feuchtarbeit am Tag ist die arbeitsmedizinische Vorsorge verbindlich (Pflichtvorsorge)
- Personenbezogen:
– Beschäftigte unterweisen
– Geeignete Schutzhandschuhe tragen
Belastungen des Muskel-Skelett-Systems: Das Heben und Tragen schwerer Lasten kann Rückenbeschwerden verursachen. Langes Stehen belastet vor allem das Muskel- und Skelettsystem des Rumpfes und der Beine. Räumliche Enge oder ungünstig gestaltete Arbeitsplätze bedingen häufig, dass Beschäftigte rückenbelastende Haltungen einnehmen müssen.
Maßnahmen: Neben der ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen und der Bereitstellung von Hilfsmitteln ist vor allem wichtig, dass rückenschonende Hebe- und Tragetechniken sowie Bewegungsabläufe übernommen und konsequent angewendet werden.
- Technisch:
– Technische Hilfen zum Heben und Tragen schwerer Lasten bereitstellen
– Stehhilfen bereitstellen
– Arbeitsplätze ergonomisch gestalten
- Organisatorisch:
– Arbeitsabläufe optimieren
-Betriebsanweisung erstellen
- Personenbezogen:
– Beschäftigte in rückengerechten Arbeitsweisen unterweisen
Lärm: Besonders die Beschäftigten in Küche und Wäscherei können einem hohen Geräuschpegel ausgesetzt sein. Dieser entsteht durch den zeitgleichen Betrieb vieler Geräte wie Wasch- und Spülmaschinen. Im Küchenbereich kommt noch Lärm durch Geschirrsortierung, Hochdruckreiniger oder das Schieben von beladenen Küchenwagen hinzu.
Maßnahmen: Gegen Lärmbelastung helfen zum Beispiel der Einsatz lärmarmer Maschinen, Schalldämmung und Gehörschutz.
Gefährdungen durch elektrischen Strom: Feuchtigkeit und Nässe machen einen Stromschlag in der Küche oder in der Wäscherei besonders gefährlich. Dringt Wasser in Geräte, erhöht sich das Risiko für einen Stromschlag.
Maßnahmen: Die Gefährdungen durch elektrischen Strom lassen sich reduzieren, wenn nur geeignete Geräte angeschafft, diese regelmäßig geprüft und die Beschäftigten in der Anwendung unterwiesen werden. Zudem müssen Elektroinstallationen und –geräte regelmäßig von einer Elektrofachkraft geprüft werden.
Tätigkeitsbezogene Gefährdungen
Während die bis hierher genannten Gefährdungen im gesamten Tätigkeitsbereich Hauswirtschaft relevant sind, lassen sich für die Arbeitsbereiche Reinigung, Wäsche und Küche spezifische Gefährdungen hervorheben. Die genannten Gefährdungen und Schutzmaßnahmen sind beispielhaft, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Wäscherei: Feuchtes Raumklima und Infektionsgefahr
Beschäftigte in der Wäscherei schieben schwere Transportwagen und arbeiten zum Teil in gebückter Körperhaltung – Rückenbeschwerden können die Folge sein. Auch hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit sind mögliche Gefährdungen. Für alle genutzten technischen Geräte sind Bedienungsanleitungen und ggf. Betriebsanweisungen vor Ort verfügbar zu halten – und ganz wichtig: Die Beschäftigten müssen in der sicheren Nutzung der Geräte unterwiesen sein.
Eine besondere Gefahr für Mitarbeitende in der Wäscherei besteht bei Kontakt mit infektiöser Wäsche. Die Infektionsgefahr lässt sich durch technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen reduzieren.
- Technisch:
– Räumliche Trennung von reiner und unreiner Seite der Wäscherei
– Durchladewaschmaschinen einsetzen
– Verbindungsschleuse zwischen reiner und unreiner Seite vorsehen
– Auf der unreinen Seite Handwaschbecken mit Armaturen einrichten, die ohne Handberührungen bedienbar sind.
– Behältnisse für potenziell infektionsverdächtige Wäsche anschaffen, die ausreichend widerstandsfähig, dicht, gut verschließbar und entsprechend gekennzeichnet und desinfizierbar sind.
- Organisatorisch:
– Anlieferung der ungewaschenen Wäsche über die unreine Seite, Abholung der gewaschenen Wäsche an der reinen Seite
– Mitarbeitenden gegen impfpräventable Krankheiten (z. B. Hepatitis A und B) eine Impfung anbieten
– Geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, unter anderem Schutzhandschuhe
– Händedesinfektionsmittel, Hautschutz- und Hautpflegemittel bereitstellen
– Betriebsanweisungen erstellen
- Personenbezogen:
– Mindestens einmal pro Jahr unterweisen
– Darauf achten, dass die persönliche Schutzausrüstung getragen wird und Hygienemaßnahmen durchgeführt werden
Küche: Hektik, Lärm und Unfallgefahr
In der Küche sind Lärm sowie hohe Raumtemperaturen und erhöhte Luftfeuchtigkeit alltäglich, Hektik in Stoßzeiten erhöht das Unfallrisiko zusätzlich.
Zu den typischen Unfällen in Küchenbereichen zählen Verbrennungen und Verbrühungen sowie Schnittverletzungen beim Umgang mit Messern oder Unfälle beim Umgang mit Küchenmaschinen. Von Fett, Öl oder Wasser verunreinigte und rutschige Böden bedingen eine erhöhte Gefahr, auszurutschen und zu stürzen.
Keime an Lebensmitteln sind eine weitere Gesundheitsgefahr. Beschäftigte in der Küche müssen deshalb bestimmte Hygienestandards kennen und konsequent anwenden. Staubförmige Nahrungsmittel wie Mehl und Backmittel können Allergien auslösen.
- Technisch:
– Unverkleidete Oberflächen dürfen nicht heißer als 60 Grad Celsius werden
– Kippschutz und sichere Deckelgriffe
– Messer mit Sicherheitsgriffen verwenden
– Messer in Schubladen in abgetrennten Fächern aufbewahren
– Sichere Ablagen einrichten
- Organisatorisch:
– Regelmäßige Wartung der Maschinen
– Arbeitsabläufe optimieren, um Spitzenbelastungen in Stoßzeiten zu vermeiden
– Betriebsanweisungen erstellen
- Personenbezogen:
– Beschäftigte unterweisen
– Geeignete Schutzkleidung verwenden: zum Beispiel Stechschutzschürzen und Metallringgeflechthandschuhe
– Beim Umgang mit Rohware Einmalhandschuhe tragen
Reinigung: Hautbelastungen und Gefahrstoffe
Reinigungs- und Flächendesinfektionsmittel beanspruchen die Haut sehr stark. Schon die regelmäßige Feuchtarbeit nur mit Wasser kann zu Hautschäden führen. Längeres Tragen von Schutzhandschuhen führt ebenfalls zu Hautbelastungen. Reinigungs- und Desinfektionsmittel können Haut und Atemwege irritieren oder allergieauslösende Eigenschaften besitzen. Reinigungskräfte verwenden chemische Reinigungsmittel, die als Gefahrstoffe gekennzeichnet sind. Diese sind zum Teil entzündbar und erhöhen die Brandgefahr bei unsachgemäßer Lagerung oder Anwendung. Reinigungskräfte, die Kontakt zu benutzten medizinischen Instrumenten haben, müssen außerdem über Verletzungs- und Infektionsgefahren bei deren Entsorgung informiert sein.
- Technisch:
– Gefahrstoffe gegen weniger gefährliche Ersatzstoffe austauschen
– Dosiereinrichtungen für Desinfektions- und Reinigungsmittel bereitstellen
– Dosierhilfen verwenden
- Organisatorisch:
– Gefahrstoffverzeichnis anlegen
– Betriebsanweisungen erstellen
– Gefahrstoffe in gekennzeichneten Behältern aufbewahren
– Nur die notwendigen Mengen in geeigneten Lagerräumen lagern
– Sicherheitsdatenblätter und Herstellerinformationen beachten
- Personenbezogen:
– Beschäftigte im Umgang mit Gefahrstoffen unterweisen
– Persönliche Schutzkleidung tragen, zum Beispiel Schutzhandschuhe, Schutzbrille, Atemschutz
– Feste, flüssigkeitsdichte und allergenarme Handschuhe mit verlängertem Schaft (Haushaltshandschuhe) für Reinigungsarbeiten (z. B. Nitril, PVC)
– Chemikalienschutzhandschuhe beim Umgang mit Reinigungs- oder Desinfektionsmittelkonzentraten
– Unterziehhandschuhe aus Baumwolle verringern das Aufweichen der Haut durch Feuchtigkeit
Beschäftigte richtig unterweisen
Die Betrachtung der Gefährdungen und möglicher Arbeitsschutzmaßnahmen zeigt, wie wichtig die persönliche Unterweisung der Mitarbeitenden ist.
Das Ziel der Unterweisung ist dann erreicht, wenn die Unterwiesenen sich nicht nur richtig verhalten können, sondern es auch wollen. Mehrere kleine Unterweisungen können sinnvoller sein als eine umfangreiche Überweisung, die durch zu viele Informationen die Mitarbeitenden überfordert. Nach einer ersten Unterweisung muss sichergestellt sein, dass die Anweisungen befolgt werden. Eine Wiederholung der Unterweisung ist in regelmäßigen Abständen, nach Unfällen oder bei Veränderungen im Betrieb notwendig.
Noch mehr Infos zum Arbeitsschutz:
- Hautschutz- und Händehygieneplan für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hauswirtschaft und Reinigung (BGW 06-13-100)
- Unterweisen im Betrieb – ein Leitfaden (BGW 04-07-004)
- Handlungsleitfaden „Gefährdungsbeurteilung in der Pflege“ (BGW 04-05-110)
- Die „Sicheren Seiten“ geben Tipps zu Arbeitsschutzthemen, zum Beispiel Küche, Wäscherei, Hautschutz und Gefahrstoffe: www.bgw-online.de/sichere-seiten
- Die Online-Gefährdungsbeurteilung unterstützt Unternehmen bei der systematischen Ermittlung der Gefährdungen und der zuverlässigen Beurteilung der Risiken sowie der Auswahl der geeigneten Maßnahmen. Mehr unter www.bgw-online.de/gefaehrdungsbeurteilung
> Autorin: Mareike Berger, Referentin, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Hamburg. Kontakt: Mareike.Berger@bgw-online.de