Nachrichten

Technischer Nachholbedarf in Pflegeheimen

Das Caritas Altenpflege-Zentrum St. Martin in Düsseldorf war das erste Heim in Deutschland, das in der Corona-Pandemie die neue App "Videobesuch" genutzt hat. Mit ihr können sich Heimbewohner und Angehörige per Videoanruf verbinden.

-

Die meisten Pflegeheime können ihren Bewohnern bisher keine WLAN Nutzung anbieten. Das macht die Verwendung von digitalen Kommunikationswegen schwierig.  Foto: AdobeStock/Skórzewiak

Möglich gemacht hat das ein Kölner Start-up-Unternehmen, das inzwischen bundesweit agiert und über 280 Heime mit "Videobesuch" versorgt. Das Funktionsprinzip: Für den " Videobesuch " tragen die Heime zunächst die Tage, Uhrzeiten und Zeiträume ein, an denen sie Heimbewohnern Videoanrufe ermöglichen können. Dann werden Links an die Angehörigen geschickt, die so ihren Video-Termin selbstständig buchen. Das Pflegepersonal muss dann das Endgerät zum Bewohner bringen oder ihn zu einem Computer mit Kamera begleiten. An Kosten fällt pro Monat und genutztem Tablet "ein mittlerer zweistelliger Betrag" an.

Aber zuvor müssen die Heime viel Geld in WLAN, Tablets, Laptops oder Computer investieren. Staatliche Hilfen für digitale oder technische Investitionen gibt es bereits als einmalige Anschubfinanzierung. "Jede Einrichtung kann einen Zuschuss der Pflegeversicherung in Höhe von 12.000 Euro (oder 40 Prozent der Gesamtkosten) erhalten", teilt das Bundesgesundheitsministerium mit. Im ersten Halbjahr 2020 wurden 13 Millionen Euro ausgezahlt.

Doch eine Studie aus dem Jahr 2018 zeigt: "Das Thema WLAN ist aktuell in der deutschen Pflegelandschaft noch eher unterrepräsentiert. Nur 37 Prozent der befragten Pflegeheime bieten ihren Bewohnern die Möglichkeit einer WLAN Nutzung an."

Christel Bienstein, Präsidentin des Berufsverbandes der Pflegeberufe DBfK, sagt: "Ohne Internetkompetenz sind Online-Kontakte für Heimbewohner unmöglich." Zwar sei wegen Corona viel improvisiert worden, etwa mit Tablets. "Aber das alles hat seine Grenzen." Das Problem sei, dass viele Heimbewohner kognitiv nicht in der Lage seien, die Technik zu bedienen.

Das sieht der Heidelberger Gerontologie-Professor Andreas Kruse anders. Auch Hochbetagte seien in der Lage, Internettechnik zu nutzen. "Empirische Untersuchungen bestätigen eindrucksvoll, dass alte Menschen dann, wenn sie in die Nutzung von Internet, Smartphone oder Apps eingewiesen werden, vielfach Freude am Arbeiten mit neuen Techniken entwickeln", sagte Kruse dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Dann sind sogar Menschen mit erheblichen kognitiven Einbußen in der Lage, sich mit bestimmten digitalen Techniken anzufreunden."