Politik
Tarifbezahlung in der Pflege: Entscheidung vertagt
Die Bundesregierung ringt nach Angaben von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) heftig um gesetzliche Regeln für Tarifbezahlung in der Altenpflege. Eine ursprünglich geplante Einigung an diesem Freitag (21. Mai) ist aber offenbar vom Tisch – die Entscheidung wurde vertagt.

„Mir geht es um richtige Tariflöhne“, sagte Heil am 18. Mai bei derVorstellung eines Berichts über die künftige Arbeitswelt in Berlin.Verhandlungen mit dem Bundesgesundheitsministerium liefen. Es gebe die Chance, aber keine Gewissheit, dass eine entsprechende Formulierungshilfe der Regierung für die Abgeordneten des Bundestags im Kabinett beschlossen werden, sagte Heil. Zwischen ihm und dem Haus von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gebe es „Parallelen und Unterschiede“. Spahn hatte vergangene Woche gesagt, er sei „sehr zuversichtlich“, dass es noch vor dem Sommer einen Kompromiss gebe, der tariflichen oder tarifähnlichen Lohn sicherstelle.
Doch das wird immer fraglicher. Denn die Beratung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG), das an diesem Freitag (21. Mai) nach zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden sollte und die Regelungen zum Tariflohn in der Pflege beinhaltet, wurde gestern (19. Mai) von der Tagesordnung genommen. „Voraussichtlich am 31. Mai ist nun zunächst eine weitere Anhörung im Gesundheitsausschuss angesetzt. Verabschiedet werden könnte das Gesetz dann in der zweiten Juniwoche, wenn alles passt und insoweit Einigkeit besteht. Die Zeit drängt, denn die zweite Juniwoche ist die vorletzte Parlamentswoche vor der Bundestagswahl“, erklärt Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte Peter Sausen gegenüber der Redaktion Altenheim.
Zeitfenster schließt sich
Nach Heils Angaben gibt es Differenzen in der Frage, welcher Tariflohn zugrunde gelegt wird. Er erläuterte: „Wenn wir nicht ordentliche Flächentarifverträge, die es in Deutschland zum Teil in der Pflege gibt, refinanzieren, sondern den niedrigsten Haustarifvertrag, ich sage einmal aus Sachsen, zugrunde legen für eine Refinanzierung einer Pflegeeinrichtung in München, dann könnte diese Regelung zu Lasten von Menschen gehen, die jetzt schon ganz ordentliche Tarife haben.“ Finanziert werden müssten höhere Löhne durch einen Mix aus Mitteln der Pflegeversicherung und Steuermitteln. Wenn es keine Lösung zum 19. Mai gebe, dann könne es eine Lösung in den dann noch verbleibenden zwei Sitzungswochen des Bundestags vor der Sommerpause geben, sagte Heil am 18. Mai. „Wenn wir da die Zusage der Bundesregierung nicht umsetzen, sondern wieder vertagen, dann wird das Geklatsche für Pflegerinnen und Pfleger in den Ohren vieler als zynisch nachhallen.“
Unterdessen warnt der Arbeitgeberverband Pflege heute vor staatlichen Eingriffen in die Lohnfindung. Isabell Halletz, Geschäftsführerin des AGVP, erklärt: „Seit 1999 hat sich die Anzahl der in der Altenpflege Beschäftigten (ambulant und stationär) auf knapp 1 Mio. Beschäftigte verdoppelt. Die Mehrheit der Pflegekräfte arbeitet in Pflegeheimen und verdient laut Bundesagentur für Arbeit mit durchschnittlich 3.363 €/Monat brutto mehr, als der Durchschnitt der Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft. In den letzten 10 Jahren sind die Gehälter in der Altenpflege um 38,6 % gestiegen. Jahr für Jahr gibt es neue Ausbildungsrekorde. Im 10-Jahres-Vergleich haben ein Viertel mehr Azubis ihre Ausbildung abgeschlossen. Und auch die Zahl der ausländisch anerkannten Berufsabschlüsse wächst. Damit beweist die Pflegebranche, wie attraktiv und konkurrenzfähig sie im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbranchen geworden ist. Diese enorme Entwicklung der vergangenen Jahre, zu denen auch die Arbeitgeber in der Altenpflege beigetragen haben, muss endlich anerkannt werden. Staatliche Eingriffe in der Lohnfindung müssen endlich aufhören. Zusammenfassend kann nur gesagt werden: Hände weg vom Tarifzwang für die Altenpflege.“ dpa/sts
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