Politik

Pflegekammer Niedersachsen: Pflege ist kein Abstellgleis

Nach den Schließungen von Karstadt-Filialen sollen ehemalige Beschäftigte der Kaufhauskette in Bremerhaven u.a. in der Pflege arbeiten. Die Pflegekammer Niedersachsen warnt davor, Berufsfremde voreilig in der Pflege einzusetzen. Die Sicherheit von Pflegebedürftigen dürfe nicht gefährdet werden.

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"Die Pflege ist ein sehr sensibler Arbeitsbereich, der ein hohes Maß an Fachwissen, Professionalität und Sozialkompetenz erfordert. Deshalb reicht ein Pflege-Crashkurs für die Qualifizierung berufsfremder Gruppen nicht aus", so Nora Wehrstedt, stellvertretende Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen. Foto: Verena Meier

Hintergrund der Kritik ist, dass in Bremerhaven Karstadt-Mitarbeiter für Jobs in der Pflege, für andere soziale Berufe sowie für Jobs bei der Bahn qualifiziert werden sollen, wie butenundbinnen.de am 13.8.2020 berichtete. Dazu würden weitere Gespräche mit Unternehmen geführt. Unklar sei aber noch, wie die Weiterbildung finanziert werde.

"Erst sollten Schlecker-Mitarbeitende in die Pflege, dann ehemalige Prostituierte und jetzt Karstadt-Mitarbeitende? Der Pflegeberuf ist doch kein Abstellgleis!", kritisiert Nora Wehrstedt, stellvertretende Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen. "Es würde doch auch niemand auf die absurde Idee kommen, jemanden mit einer Ausbildung im Einzelhandel auf einmal operieren zu lassen. Scheinbar herrscht noch immer der Irrglaube, dass jede/r pflegen kann!" Nicht umsonst würden Pflegefachpersonen eine dreijährige Ausbildung absolvieren, um Menschen medizinisch und insbesondere pflegerisch zu versorgen. Auch Pflegehilfskräfte müssten entsprechend qualifiziert sein, um mit Pflegebedürftigen zu arbeiten, so Wehrstedt in einer Pressemitteilung der Pflegekammer Niedersachsen.

Wehrstedt mahnt an, die Qualifikation für Pflegende trotz Personalmangel und Corona-Krise nicht herabzusenken: "Die Pflege ist ein sehr sensibler Arbeitsbereich, der ein hohes Maß an Fachwissen, Professionalität und Sozialkompetenz erfordert. Deshalb reicht ein Pflege-Crashkurs für die Qualifizierung berufsfremder Gruppen nicht aus. Das geht nur zulasten der Patientensicherheit und des Pflegepersonals!"
Mehr Pflegehilfskräfte allein, so Wehrstedt, seien keine Universallösung: "Zum Schutze der Pflegebedürftigen brauchen wir hochqualifiziertes Personal, das den komplexen Herausforderungen des Berufs, z. B. Mulitmorbidität und den Anforderungen der Corona-Pandemie gewachsen ist." Die Ausbildung weiterer Pflegefachpersonen sei ein Schlüssel, um die Versorgungsqualität zu verbessern. Studien zeigten, dass die Patientensicherheit mit der Anzahl an eingesetzten Pflegefachpersonen pro Schicht deutlich steige. Deshalb dürfe die Fachkraftquote in der Pflege – zum Schutze der Pflegebedürftigen – nicht aufgeweicht werden, wie die Pflegekammer Niedersachsen mitteilt.