Update zum Arbeitsrecht in Zeiten der Corona-Pandemie
Corona und Arbeitsrecht
Die Entwicklung rund um die Corona-Pandemie ist dynamisch, der Umgang mit der aktuellen Situation birgt Unsicherheiten und wirft viele Fragen auf. Mit unseren neuen Rubrik wollen wir die wichtigsten und drängendsten Fragen aus dem Bereich des Arbeitsrechts für Sie beantworten. In Form von FAQs hat der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Peter Sausen, von der Kanzlei SAUSEN in Köln die wichtigsten Fragen zusammengefasst und liefert praxisnahe Antworten und Lösungen.
In Zusammenarbeit mit:

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Inhaber der Kanzlei SAUSEN, Dozent und Autor für Arbeitsrecht, Lehrbeauftragter der Fachhochschule der Wirtschaft.
Peter Sausen
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Inhaber der Kanzlei SAUSEN, Dozent und Autor für Arbeitsrecht, Lehrbeauftragter der Fachhochschule der Wirtschaft.
Häufig gestellte Fragen für stationäre Pflegeeinrichtungen
Stand 06.05.2022
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Wie lange müssen Corona-Infizierte/ Kontaktpersonen in Isolation/Quarantäne?
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Die Isolationszeiten für Infizierte sollen, nach den Gesundheitsministern des Bundes und der Länder einheitlich neu geregelt werden. Hiernach soll gelten:
Kontaktpersonen: enge Kontaktpersonen und Hausstandsangehörige von positiv getesteten Personen – unabhängig von Impfstatus oder Alter – müssen nicht mehr in die Absonderung. Allerdings wird Ihnen weiterhin dringend empfohlen, Kontakte zu anderen Personen zu reduzieren, in geschlossenen Räumen eine FFP2-Maske zu tragen und sich für einen Zeitraum von 5 Tagen täglich selbst zu testen.
Corona-Infizierte: Corona-Infizierte müssten weiterhin in Isolation. Die Isolationszeit kann jedoch von 10 auf nunmehr 5 Tage (vorher waren es 7 Tage) verkürzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die betreffende Person zu diesem Zeitpunkt bereits 48 Stunden keine typischen Symptome aufweist. Eine negative Testung ist zur Beendigung der Absonderung hingegen nicht mehr erforderlich. Bei Vorliegen von Symptomen verlängert sich die Absonderungsdauer entsprechend. Die Absonderung endet aber in jedem Fall – unabhängig davon, ob Symptome vorliegen oder nicht – spätestens nach Ablauf von zehn Tagen (also am elften Tag). Eine negative Testung ist auch zu diesem Zeitpunkt zur Beendigung der Absonderung nicht mehr erforderlich.
Besondere Regelungen in Pflege- und Altenheimeinrichtungen: Für Beschäftigte bestimmter Einrichtungen, wie z.B. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder Pflegedienste, Arztpraxen oder Einrichtungen der Eingliederungshilfe gilt, dass diese nach Beendigung ihrer Isolation vor der Wiederaufnahme ihrer Beschäftigung ein negatives Testergebnis eines bei einer Testeinrichtung vorgenommenen Schnelltests oder einen entsprechenden PCR-Test vorlegen müssen.
Vorsicht! Auch wenn diese Regelungen einheitlich gelten soll, ist zu beachten, dass dies auch durch eine Landesverordnung umgesetzt werden muss. Dies kann dazu führen, dass die Länder – entgegen dem gewünschten einheitlichen Vorgehen – doch unterschiedliche Regelungen einführen. So ist bspw. in Rheinland-Pfalz eine negative Testung nach 5 Tagen nicht mehr notwendig, in NRW jedoch weiterhin erforderlich. In anderen Bundesländern wurden diese „einheitlichen“ Regelungen noch gar nicht umgesetzt und es gilt (noch) die Verkürzung auf 7 Tage. Welche Regelungen im jeweiligen Bundesland konkret gelten, muss und kann auf den jeweiligen Websites der Landesministerin abgerufen werden.
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Was bedeutet die einrichtungsbezogene Impfnachweispflicht gemäß § 20a IfSG?
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Alle Personen, die in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten tätig sind, müssen einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, vorlegen.
Ausgeschlossen von dieser Pflicht sind lediglich MitarbeiterInnen, bei welchen ein direkter Kontakt zu der gefährdeten Personengruppe, sicher ausgeschlossen werden kann. So beispielsweise bei räumlich getrennten oder in getrennten Gebäuden beschäftigte VerwaltungsmitarbeiterInnen und –mitarbeiter.
Die Regelung tritt am 01.Januar 2023 außer Kraft.
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Was passiert, wenn kein Nachweis im Sinne des § 20a IfSG vorgelegt wird?
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Wurde bis zum Ablauf des 15.03.2022 kein Nachweis vorgelegt oder bestehen Zweifel an der Echtheit des Nachweises übernimmt das Gesundheitsamt, nach erfolgter Meldung durch die Leitung der Einrichtung, das weitere Verfahren und fordert die betroffene Person noch einmal zur Vorlage eines Nachweises auf. Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit eines vorgelegten ärztlichen Zeugnisses kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann. Legt die betroffene Person trotz Aufforderung durch das Gesundheitsamt keinen Nachweis vor oder verweigert die medizinische Untersuchung, kann das Gesundheitsamt der betroffenen Person untersagen, die Räumlichkeiten der Einrichtung zu betreten (Betretungsverbot) oder in einer solchen Einrichtung tätig zu werden (Tätigkeitsverbot).
Es handelt sich hierbei um einen Verwaltungsakt, der von der betroffenen Person durch Widerspruch oder Anfechtungsklage rechtlich angegriffen werden kann. Während eines solchen Verfahrens bleibt die Anordnung des Gesundheitsamtes bestehen (Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung).
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Was gilt für Neueinstellungen in Bezug auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht?
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Für Neueinstellungen mit Beschäftigungsbeginn ab dem 16.03.2022 gilt entsprechend der gesetzlichen Regelung, dass der Nachweis bereits vor Beginn der Tätigkeit vorgelegt werden muss. Anderenfalls darf diese Person in der Einrichtung nicht beschäftigt werden!
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Können Mitarbeiter, die sich weigern, ihrem Arbeitgeber einen Impf- oder Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest vorzulegen, abgemahnt oder gekündigt werden?
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Die Mitarbeiter sind aufgrund einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dazu verpflichtet, einen Nachweis vorzulegen. Sofern sich der Mitarbeiter weigert, einen solchen Nachweis vorzulegen, kann der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeiter auffordern, den Nachweis vorzulegen und ihn ggf. abmahnen wegen Verstoßes gegen die Vorlagepflicht. Ob nach erfolgter Abmahnung eine ordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung ausgesprochen werden kann, ist im Rahmen einer Verhältnismäßigkeit zu bezweifeln. Hiermit werden sich jedoch zunächst die Arbeitsgerichte befassen müssen.
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Verliert ein Mitarbeiter, der aufgrund eines behördliches Betretungs-/Tätigkeitsverbot für die Einrichtung nicht eingesetzt werden kann, seinen Anspruch auf Vergütung?
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Sofern der Mitarbeiter aufgrund eines vom Gesundheitsamt angeordneten Tätigkeits-/Betretungsverbot in der Einrichtung nicht mehr eingesetzt werden kann und seine Arbeitsleistung daher nicht erbringen kann und die Arbeitsleistung auch nicht von einem anderen Ort aus erbracht werden kann (was insbesondere bei Pflegekräften und bspw. Mitarbeitern aus der Küche der Fall sein wird), verliert er seinen Anspruch auf Vergütung.
Es gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. § 616 BGB ist nicht anwendbar.
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Kann der Arbeitgeber einem ungeimpften Mitarbeiter, gegen den ein behördliches Betretungs-/Tätigkeitsverbot für die Einrichtung erlassen wurde, kündigen?
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Erteilt das Gesundheitsamt gegen den betroffenen Mitarbeiter ein Betretungs- /Tätigkeitsverbot fehlt es der persönlichen Eignung des Mitarbeiters, der aufgrund dessen daran gehindert ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. In diesem Fall kommt im Einzelfall eine personenbedingte Kündigung in Betracht.
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Unter welchen Voraussetzungen können ungeimpfte Mitarbeiter bis zu einem behördlichen Betretungs-/Tätigkeitsverbot im Sinne des § 20 a IfSG in der Einrichtung weiter beschäftigt werden?
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Bis das Gesundheitsamt ein Betretungs-/Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat, ist die Einrichtung gesetzlich zunächst einmal nicht dazu gezwungen die betroffenen Personen freizustellen oder zu kündigen, sondern hat im Einzelfall, unter Berücksichtigung aller geltenden Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die Möglichkeit diese Person weiterhin bis zu einer Anordnung des Gesundheitsamts zu beschäftigten. Im Hinblick auf die geltenden gesetzlichen und betrieblichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen sollte geprüft werden, auf welchem Arbeitsplatz unter welchen Voraussetzungen der Mitarbeiter eingesetzt werden kann (bspw. mit weniger Kontakt zu anderen Mitarbeitern und Bewohnern/Patienten).
Für Neueinstellungen, die ab dem 16.03.2022 beschäftigt werden sollen, gilt dagegen, dass ein vorher ein Nachweis vorgelegt werden muss. Ansonsten ist eine Beschäftigung dieser Personen nicht möglich!
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Besteht ein Anspruch auf Freistellung zur Impfung?
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Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten die Möglichkeit einräumen, sich während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die entsprechende Regelung findet sich in § 3 Abs. der Neufassung der Corona-ArbSchV. Es handelt sich um einen Freistellungsanspruch zur Wahrnehmung des Impftermins. Die Arbeitgeber haben sich darauf einzustellen, dass die Freistellungszeiten zur Ermöglichung der Impfungen zu bezahlen sind. Wie auch bei erforderlichen Arztbesuchen sind die Arbeitnehmer jedoch verpflichtet, die Ausfallzeiten möglichst gering zu halten.
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Besteht ein Auskunftsanpruch des Arbeitgebers zu Impf- und Genesungsstatus des Mitarbeiters?
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Seit September 2021 dürfen Arbeitgeber in sensiblen Bereichen wie beispielsweise der Altenpflege Auskunft über den Impfstatus bezüglich einer Coronaimpfung oder eine Genesung ihrer Mitarbeiter von einer Covid-Erkrankung verlangen. Diese Regelung wurde bis zum 30.06.2022 verlängert.
In den Pflegeinrichtungen besteht nunmehr aufgrund der einrichtungsbezogene Impfpflicht ebenfalls ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der entsprechenden Auskunft.
Weigert sich ein Mitarbeiter zur Auskunftserteilung, muss er mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.
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Was droht, wenn sich ein Mitarbeiter weigert, eine angeordnete Maskenpflicht zu befolgen?
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Geht es um den Schutz von Bewohnern einer Pflegeeinrichtung und den Schutz der Mitarbeiter, ist ein Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt und wird überwiegend sogar aufgrund Verordnungen der Länder verpflichtet sein, das Tragen eines Nasen-Mund-Schutzes im Betrieb gegenüber den Mitarbeitern anzuordnen. Die Weigerung des Mitarbeiters zum Tragen einer Maske stellt damit eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar, die mit einer Abmahnung und gegebenenfalls sogar einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses sanktioniert werden kann.
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Bestehen besondere Anforderungen an ein ärztliches Attest zur Befreiung von einer Maskenpflicht?
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Ein ärztliches Attest zur rechtfertigenden Befreiung der Maskenpflicht muss die konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines Mund-Nasen-Schutzes nennen, die zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Zudem muss erkennbar sein, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Einschätzung gekommen ist. Ein Attest, wonach das Tragen einer Maske „aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist“ genügt diesen Voraussetzungen nicht.
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Ist die Krankschreibung per Telefon weiterhin möglich?
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Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Corona-Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung bis 31. März 2023 verlängert. Durch die Sonderregelung können Versicherte, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, telefonisch bis zu 7 Tage krankgeschrieben werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte müssen sich dabei persönlich vom Zustand der Patientin oder des Patienten durch eine eingehende telefonische Befragung überzeugen. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung kann telefonisch für weitere 7 Kalendertage ausgestellt werden.
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Darf der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer anlasslos einen Corona-Test verlangen?
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Mit Neufassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung ist die generelle 3G-Pflicht am Arbeitsplatz entfallen. Jedoch können die Länder gemäß § 28a Abs. IfSG eine Verpflichtung zum Testen u.a. in Pflegeeinrichtungen anordnen, sofern dies aufgrund der aktuellen Gefährdungslage notwendig ist. In diesem Fall wäre der Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet, einen Corona-Test zu verlangen. Besteht eine solche Verpflichtung nicht, kann der Arbeitgeber unter Umständen im Einzelfall in Durchführung eines notwendigen betrieblichen Hygienekonzepts, u.a. zum Schutz der gefährdeten Personengruppen, einen Corona Test verlangen.
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Müssen Reiserückkehrer in Quarantäne und haben Sie einen Anspruch auf Lohnzahlung?
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Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Hochrisikogebieten und Virusvariantengebieten. Bei einer Reiserückkehr aus einem Hochrisikogebiet besteht eine 10-tägige Quarantänepflicht. Eine Verkürzung der Quarantänepflicht kann durch die Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweis ab der Einreise erfolgen. Zudem kann fünf Tage nach Einreise die Quarantänepflicht durch einen negativen Testnachweis verkürzt werden. Bei einer Reiserückkehr aus einem Virusvariantengebiet besteht grundsätzlich eine 14-tägige Quarantänepflicht. Eine Verkürzung ist in diesem Fall nicht möglich. Während der Quarantäne haben die Mitarbeiter keinen Anspruch auf Lohn, wenn sie bewusst in ein Hochrisiko- und/oder Virusvariantengebiet verreist sind. Bewusst ist die Reise in ein solches Gebiet, wenn im Zeitpunkt des Reiseantritts bereits feststand, dass das Urlaubsziel ein Hochrisiko- und/oder Virusvariantengebiet ist. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer aufgrund eines anzunehmenden Verschuldens auch damit rechnen, dass er keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat, sollte er an COVID-19 erkranken. Wenn das Reiseziel im Zeitpunkt des Reiseantritts noch kein Risikogebiet war, sondern erst während des Urlaubs als Risikogebiet qualifiziert wurde, hat der Arbeitnehmer im Zweifel einen Anspruch auf Entschädigung des Verdienstausfalles nach dem Infektionsschutzgesetz. Diese Entschädigung zahlt der Arbeitgeber aus und erhält sie auf Antrag von der zuständigen Behörde (in NRW: der LVR) erstattet.
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Müssen Mitarbeiter dem Arbeitgeber nach Rückkehr aus dem Urlaub Auskunft darüber geben, wo sie im Urlaub waren?
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Arbeitgeber sind aufgrund der besonderen Gefährdungssituation berechtigt, ihre Mitarbeiter zu fragen, wo sie ihren Urlaub verbracht haben. Bei konkreten Anhaltspunkten für eine Infektion mit dem Coronavirus sind Arbeitgeber sogar verpflichtet, ihren Mitarbeitern diese Frage zu stellen. Hintergrund des Fragerechts ist, dass Arbeitgeber eine Pflicht zum Schutz der Gesundheit der anderen Mitarbeiter haben. Das Robert-Koch-Institut führt auf seiner Homepage (www.rki.de) eine Liste der internationalen Risikogebiete und besonders betroffenen Gebiete in Deutschland.
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Kann der Arbeitgeber anlassbezogen einen Corona-Test von seinen Mitarbeitern verlangen?
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Der Arbeitgeber kann von seinen Arbeitnehmern einen Corona-Test verlangen, wenn Anhaltspunkte für eine Infektion mit Covid-19-Infektion bestehen. Diese liegen beispielsweise auch vor, wenn ein Arbeitnehmer an einer Demonstration ohne Einhaltung der Hygiene- und / oder Sicherheitsmaßnahmen teilgenommen hat und danach Symptome einer Erkrankung aufweist. Es muss jedoch stets eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und dem Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers erfolgen.
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Darf der Arbeitgeber verlangen, dass Mitarbeiter die Corona-Warn-App auf ihrem Mobiltelefon installieren und einsetzen?
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Die Nutzung der App kann der Arbeitgeber nicht wirksam einseitig anordnen. Soweit sich die Anordnung auf das private Mobiltelefon des Mitarbeiters bezieht, würde der Arbeitgeber durch seine Weisung in erheblichem und nicht zulässigem Umfang in die private Lebensführung und das Eigentum des Arbeitnehmers eingreifen. Der Einsatz und die Nutzung der Corona-Warn-App erfolgt freiwillig.
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Darf der Arbeitgeber verlangen, dass der Mitarbeiter die Corona-Warn-App auf dem von ihm genutzten dienstlichen Mobiltelefon installiert und einsetzt?
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Auch auf dem Diensthandy kann die Nutzung der App nicht einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Denn auf diese Weise ginge die datenschutzrechtliche Erlaubnis der Freiwilligkeit verloren. Die Datenverarbeitung der App beruht darauf, dass die Nutzung der App freiwillig erfolgt und auch eine Erkrankung durch den Nutzer freiwillig gemeldet wird. Bei einer Nutzungsanordnung durch den Arbeitgeber würde diese erforderliche doppelte Freiwilligkeit nicht vorliegen, was eine unzulässige und damit unrechtmäßige Datenverarbeitung zur Folge hätte.
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Dürfen Arbeitnehmer die Arbeit verweigern, wenn benötigte Schutzausstattung nicht mehr zur Verfügung steht?
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Es ist grundsätzlich so, dass der Arbeitgeber über die Regelung des § 618 BGB verpflichtet ist, in Situationen wie der derzeitigen Corona-Krise durch geeignete Schutzmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter vor einer Ansteckung durch andere erkrankte Beschäftigte, Bewohner oder Dritte hinreichend geschützt sind. Die geeigneten Maßnahmen beginnen mit der zutreffenden Einschätzung der Gefährdungssituation, gehen über die Erarbeitung eines Schutzkonzeptes und münden in der Unterrichtung des Mitarbeiters und dem Treffen konkreter und geeigneter Schutzmaßnahmen. Kommt der Arbeitgeber den vorgenannten Pflichten nicht nach, kann der Mitarbeiter die Arbeit verweigern. Der Arbeitgeber bleibt in diesen Fällen der Leistungsverweigerung zur Entgeltzahlung verpflichtet.
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Besteht die Gefahr von Schadenersatz, wenn der Arbeitgeber erforderlichen Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer nicht nachkommen kann?
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Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht schuldhaft nicht nach, durch geeignete Schutzmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter vor einer Ansteckung durch andere erkrankte Beschäftigte, Bewohner oder Dritte hinreichend geschützt sind und kommt es zu einer Infektion des Arbeitnehmers, so haftet der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat zur Vermeidung von Haftungsrisiken frühzeitig alle ihm zumutbar zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu ergreifen, um jederzeit über die erforderliche Schutzausstattung zu verfügen.
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Wie sollen Notfalldienstpläne konzipiert sein?
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Die Bedarfe der Bewohner bedingen eine Mindestbesetzung nach Umfang des zur Versorgung erforderlichen Stundenvolumens für die Pflegefachkräfte und die Pflegeassistenten über den Tag verteilt, wobei die gleichzeitige Anwesenheit einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern erforderlich ist. Die Mindestbesetzung ist dabei die Besetzung, die nicht unterschritten werden darf, um nicht in den Bereich der „gefährlichen Pflege“ zu gelangen. Ein Notfalldienstplan muss so konzipiert sein, dass die Mindestbesetzung auch bei Ausfall von Mitarbeitern und / oder Anstieg der Bedarfe der Bewohner sichergestellt ist. Dies kann nur gelingen, wenn strikt auf die Mindestbesetzung hin geplant wird und zugleich zusätzliche Dienste konstant Tag für Tag und Schicht für Schicht quasi hierüber hinaus in den Einsatz geplant werden, die dann Ausfälle und Mehrbedarfe kompensieren.
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Können Mitarbeiter in der Corona-Krise auf eine bestimmte "Tage-Woche" oder "jedes zweite Wochenende frei" bestehen?
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Abgesehen davon, dass eine fixe „X-Tage-Woche“ und die Forderung nach „jedes zweite Wochenende frei“ bereits außerhalb der Corona-Krise kaum umsetzbar ist und insbesondere die Idee einer fixen „X-Tage-Woche“ im Soll-Dienstplan der Grund einer mit Blick auf den Ist-Dienstplan mißlungenen Dienstplanung ist, verbietet sich ein solcher Planungsansatz gerade in der Corona-Krise. Es sind alle Kräfte zu bündeln, um eine Mindestversorgung der Bewohner sicherzustellen. Die diesbezüglichen Bedarfe der Bewohner geben die Besetzungen in der Dienstplanung vor. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erlaubt es diesem, auf die Bedarfe der Bewohner hin den Einsatz der Mitarbeiter zu planen. Natürlich muss hierbei zwingend eine andauernde Überlastung der Mitarbeiter verhindert werden. Es sind hinreichende Erholungsphasen der Mitarbeiter einzuplanen. Auch dürfen die berechtigten Interessen der Mitarbeiter nicht aus dem Auge verloren werden. Angesichts der aktuell notfallartigen Situationen wird der Arbeitgeber von den Mitarbeitern verlangen dürfen, selbst arbeitsvertraglich vereinbarte Vorgaben zu Umfang und Lage der Arbeitszeit (bspw. keine Spätdienste, keine Wochenenddienste etc.) vorübergehend zurückzustellen.
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Darf der Arbeitgeber einen Mitarbeiter nach Hause schicken, weil er annimmt, dass der Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt ist?
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Besteht für den Arbeitgeber die berechtigte Annahme, dass der Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt ist, darf er diesen zum Schutze der Bewohner der Einrichtung und zum Schutze der anderen Mitarbeiter nach Hause schicken.
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Darf der Arbeitgeber Überstunden / Plusstunden planen und anordnen, um die in den Einrichtungen in der Corona-Krise eintretenden Mehrbedarfe der Bewohner oder Mitarbeiterausfälle aufzufangen?
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Auch ohne ausdrückliche Vereinbarungen zu Überstunden und Plusstunden in Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen sind Mitarbeiter aufgrund der außerordentlichen Versorgungslage zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bewohner in der Corona-Krise verpflichtet, Überstunden und Plusstunden zu leisten. Praxistaugliche Regelungen zu Arbeitszeitkonten, die Minus- und Plusstunden zulassen, sind auch außerhalb der Corona-Krise unabdingbare Voraussetzung einer am Bewohnerbedarf ausgerichteten Dienstplanung. Besteht in der Einrichtung ein Betriebsrat oder eine Personalvertretung, sind deren (ggf. bei Notfällen durch die Corona-Pandemie eingeschränkten) Mitbestimmungsrechte zu beachten.
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Gelten für Dienstplanänderungen während der Corona-Krise Besonderheiten?
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Während der Corona-Krise werden Dienstplanänderungen aufgrund geänderter Bedarfe der Bewohner oder aufgrund von Ausfällen von Mitarbeitern vermehrt, teils mehrfach täglich, erforderlich sein. Normalerweise bedürfen Dienstplanänderungen einer gewissen Ankündigungsfrist gegenüber dem von der Dienstplanänderung betroffenen Mitarbeiter. Ist eine ordnungsgemäße Versorgung der Bewohner nur über einen geänderten Dienstplan sicherzustellen, verkürzt sich die Ankündigungsfrist entsprechend der Dringlichkeit. So kann bspw. im Bedarfsfall eine Verlängerung des laufenden Dienstes angeordnet werden. Selbstverständlich sind stets die Interessen des Mitarbeiters angemessen zu berücksichtigen. Besteht in der Einrichtung ein Betriebsrat oder eine Personalvertretung, sind deren (ggf. bei Notfällen durch die Corona-Pandemie eingeschränkten) Mitbestimmungsrechte zu beachten.
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Können die Stellenanteile der Mitarbeiter in Absprache mit diesen befristet erhöht werden, um erhöhten Personalbedarf zu decken?
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Ja. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, die Stellenanteile der Mitarbeiter in Absprache mit diesen zur Deckung eines aktuell erhöhten Personalbedarfs befristet zu erhöhen. Es bietet sich an, eine zeitliche Befristung des Stellenumfangs im Wege eines schriftlichen Nachtrags zum Arbeitsvertrag zu vereinbaren. Die Dauer der befristeten Stellenerhöhung kann dabei auch schon berücksichtigen, dass eventuelle aufgelaufene Überstunden/Plusstunden nach Absinken des akuten Beschäftigungsmehrbedarfs im Rahmen der Erhöhung des Stellenanteils leichter durch Freizeitausgleich abgebaut werden können. Hier zeigt sich der Vorteil bestehender durchdachter Arbeitszeitkonten. Die Plusstunden in der Corona-Krise sollen der Freizeitausgleich in der Zeit nach der Corona-Krise sein.
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Darf der Arbeitgeber die Belegschaft über einen Infektionsfall in der Belegschaft unter Nennung des Namens des Infizierten informieren?
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Aufgrund seiner Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber verpflichtet, diejenigen Mitarbeiter über das Vorliegen eines Infektionsfalls innerhalb der Belegschaft zu informieren, die mit dem Infizierten in Kontakt gekommen sind oder gekommen sein könnten. Da die Gruppe der möglichen Kontaktpersonen nur schwer zu definieren ist, wird im Zweifel die gesamte Belegschaft zu informieren sein. Diese Informationspflicht wird auch bei schwerwiegenden Infektionsverdachtsfällen bestehen. Soweit erforderlich, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Namen des (potenziell) Infizierten offenzulegen.
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Darf der Arbeitgeber Mitarbeiter des Non-Care-Bereichs in der Pflege einsetzen?
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Dies hängt davon ab, was genau im Arbeitsvertrag geregelt ist. Die Corona-Krise erweitert nicht das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Sieht der Arbeitsvertrag neben der Benennung einer konkreten Tätigkeit (bspw. als Küchenhilfe) über eine sogenannte Versetzungsklausel vor, dass dem Mitarbeiter auch andere zumutbare Tätigkeiten zugewiesen werden können, ist der Einsatz grundsätzlich auch in der Pflege als Pflegehilfskraft möglich. Ein solcher Einsatz ist mit Blick auf versorgungsrechtliche und heimaufsichtsrechtliche Vorgaben im Rahmen der Corona-Krise erleichtert möglich, da die genannten Vorgaben zuletzt gelockert wurden. Selbstverständlich sind die Interessen des Mitarbeiters angemessen zu berücksichtigen.
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Hat der Arbeitnehmer trotz der Corona-Krise Anspruch darauf, nur in "seinem" Wohnbereich eingesetzt zu werden?
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Nein. Einen Anspruch darauf, nur in einem bestimmten Wohnbereich eingesetzt zu werden gibt es grundsätzlich nicht. Weder in der Corona-Krise, noch sonst. Denkbar sind allerdings Konstellationen, in denen ein ganz bestimmter Wohnbereich als einzig möglicher Einsatzbereich ohne Versetzungsmöglichkeit im Arbeitsvertrag zugesagt ist. Hier ist der Arbeitgeber auch in der Corona-Krise grundsätzlich an die vertragliche Absprache gebunden. In Notfallsituationen gilt aber selbst dies nicht mehr.
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Kann der Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub widerrufen, wenn er nun zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften hat?
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Im extremen Notfall: Ja. Kann der Arbeitgeber nachweisen, dass er aufgrund der aktuellen Situation die Versorgung der Bewohner nicht mehr sicherstellen kann und er alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat, kann er als letztes Mittel Mitarbeiter aus dem Urlaub (in dem Fall: von zu Hause) zurückholen. Viele Mitarbeiter werden aufgrund der aktuellen Situation ohnehin damit einverstanden sein, nicht im Urlaub zu sein.
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Müssen Mitarbeiter während einer Quarantäne arbeiten?
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Ist der Arbeitnehmer nur vorsorglich unter Quarantäne, ohne arbeitsunfähig erkrankt zu sein und verfügt er in der Quarantäne über die erforderlichen Arbeitsmittel, dann ist er verpflichtet, zu arbeiten. Der Arbeitgeber darf dem Mitarbeiter alle zumutbaren Aufgaben zuweisen, die der Mitarbeiter aus seinem Quarantäneaufenthalt heraus erledigen kann.
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Behält der Mitarbeiter seinen Lohnanspruch, wenn er sich in Quarantäne/Isolation befindet, jedoch seine Tätigkeit nicht im Homeoffice ausüben kann?
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Von einem Berufsausübungsverbot oder einer Quarantäne betroffene Mitarbeiter haben einen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, sofern sie keinen Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütung aus einem anderen Grund (z.B. nach § 616 BGB, der allerdings arbeitsvertraglich ausgeschlossen sein kann) haben. Die Entschädigung bemisst sich in den ersten sechs Wochen nach dem Verdienstausfall (Nettoentgelt), anschließend nach dem Krankengeld. Die Entschädigungsleistung erfolgt in den ersten sechs Wochen durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber wiederum kann bei der zuständigen Behörde innerhalb von drei Monaten die Erstattung der geleisteten Entschädigung beantragen. Es besteht zudem die Möglichkeit, einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages zu beantragen.
Bereits seit dem 01.11.2021 besteht ein solcher Anspruch für Ungeimpfte nicht mehr. Die Gesundheitsminister des Bundes und der Länder einigten sich darauf, dass Erwerbstätige für die Zeit der Quarantäne keine Entschädigung erhalten, wenn sie nicht geimpft sind. Ausnahmen bestehen für diejenigen Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und Personen, für die zum Zeitpunkt der Anordnung der Quarantäne keine Empfehlung für eine Impfung gegen Covid-19 vorlag.
In der Gesundheitsministerkonferenz Ende März 2022 einigten sich die Gesundheitsminister der Länder darüber hinaus nun darauf, dass Beschäftigte spätestens ab dem 15. April 2022 grundsätzlich nur noch einen Entschädigungsanspruch haben, wenn sie bei einer wegen COVID-19 bestehenden Absonderungspflicht oder einem Tätigkeitsverbot eine Auffrischungsimpfung (sog. „Booster“ oder gleichgestellte Konstellationen) vorweisen können. Zu den gleichgestellten Konstellationen zählen beispielsweise genesene Personen innerhalb des Zeitraums, in dem sie eine Auffrischungsimpfung nicht durchführen können oder Personen, bei denen nach der Grundimmunisierung eine Auffrischungsimpfung noch nicht möglich ist. Ausgenommen sind zudem Beschäftigte, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, sofern eine medizinische Kontraindikation hinsichtlich der COVID-19-Schutzimpfung durch ein ärztliches Attest bestätigt wird. Ob dies auch flächendeckend in allen Bundesländern so umgesetzt werden wird, bleibt abzuwarten.
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Und wenn der Mitarbeiter tatsächlich an Covid-19 erkrankt ist?
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Das Arbeitsgericht Aachen hat in einem rechtskräftigen Urteil entschieden, dass die häusliche Isolation die Entgeltfortzahlung nicht ausschließt. In dem zu entscheidenden Sachverhalt schrieb der Arzt den Arbeitnehmer aufgrund von Kopf- und Magenschmerzen krank und führte einen Corona-Test durch, der positiv ausfiel. Gegen den Arbeitnehmer wurde sodann eine Absonderungsanordnung verhängt. Nach der Begründung des Gerichts sei es zwar richtig, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch die Arbeitsunfähigkeit als einzige Ursache für den Wegfall des Arbeitsentgeltanspruches voraussetze. Diese Voraussetzung liege jedoch vor, da der Arzt die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Kopf- und Magenschmerzen attestiert habe. Demgegenüber bestünde der Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz gerade nicht für arbeitsunfähig Kranke, sondern für Ausscheider, Ansteckungs- und Krankheitsverdächtige. Nur in diesen Fällen, in welchen der Verdienst gerade aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Maßnahme entfalle, müsse auf die subsidiäre Regelung des § 56 I IfSG zurückgegriffen werden.
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Welche Schutzmaßnahmen muss der Arbeitgeber ergreifen?
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Der Arbeitgeber ist unter anderem nach dem Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter zu treffen. Bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen („betriebliche Pandemieplanung“) kann der Arbeitgeber sich fachlich von den zuständigen Behörden, dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen. Es werden derzeit besondere staatliche Beratungsstellen eingerichtet. Der Arbeitgeber muss sich ständig auf dem Laufenden halten, aktuelle Meldungen an die Mitarbeiter weitergeben und über die Entstehung und die Symptome der Infektion aufklären. Orientieren kann sich der Arbeitgeber dabei unter anderem an den derzeit ständig aktualisierten Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, des Bundesgesundheitsministeriums und der jeweiligen Landes- und Kommunalbehörden sowie an dem Nationalen Pandemieplan, der unter anderem eine Planungshilfe für Altenpflegeheime vorsieht. Den Nationalen Pandemieplan hatte das RKI ursprünglich zwar für eine Influenzapandemie entwickelt – er soll jedoch auch für andere Pandemien entsprechend zur Anwendung kommen. Noch mehr als ohnehin bereits ist auf die Einhaltung von Hygienestandards zu achten. Nicht zu unterschätzen ist es, Patienten und deren Angehörige über die Notwendigkeit von Hygienemaßnahmen wie gründlichem und häufigem Händewaschen zu unterrichten. Sobald ein Verdachtsfall besteht, weil ein Mitarbeiter Kontakt zu einer – möglicherweise oder tatsächlich – infizierten Person hatte, muss das Unternehmen das Gesundheitsamt einschalten. Die zuständige Behörde kann bereits Ansteckungsverdächtigen die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen sowie eine Quarantäne anordnen. Davon wird ein Gesundheitsamt aufgrund der elementar wichtigen Tätigkeit von Mitarbeitern in der Altenpflege aber nur ausnahmsweise Gebrauch machen. Vielmehr zeichnet sich für die stationäre Altenpflege der Weg ab, dass der Mitarbeiter zwar vorübergehend isoliert und auf das Coronavirus getestet wird. Fällt der Test negativ aus und zeigt der Mitarbeiter auch keine Symptome, wird es nach derzeitiger Lage so sein müssen, dass der Mitarbeiter seiner Arbeit – mit entsprechender Schutzausrüstung – bis auf weiteres weiter nachgehen kann.
Das Robert-Koch-Institut hat „Empfehlungen zum Umgang von Kontaktpersonen für medizinisches Personal“ formuliert. Mit den für Pflegeeinrichtungen zuständigen Gesundheitsbehörden kann erörtert werden, ob und in welchem Umfang diese Empfehlung auch in der Altenpflege angewendet werden kann.
Zudem hat das Robert-Koch-Institut Handlungsoptionen formuliert, die in Situationen zur Anwendung kommen sollen, in denen ein relevanter Personalmangel (adäquate Versorgung der Patienten nicht gewährleistet) vorliegt und andere Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Personalbesetzung ausgeschöpft sind. Auch bezüglich dieser Handlungsoption kann mit den für Pflegeeinrichtungen zuständigen Gesundheitsbehörden erörtert werden, ob und in welchem Umfang diese Handlungsoption auch in der Altenpflege angewendet werden kann. Die genannte Handlungsoption des Robert-Koch-Instituts eröffnet Möglichkeiten zu Anpassungen vor Ort. Diese Anpassungen sollten nach den weiteren Empfehlungen des Robert-Koch-Institut möglichst gemeinsam mit dem Gesundheitsamt und unter Berücksichtigung der angestrebten Schutzziele vorgenommen werden.Fehlt es an entsprechender Schutzausrüstung, ist aus Haftungsgründen dringend zu empfehlen, die betroffenen Mitarbeiter vorerst nicht zu beschäftigen und im Dialog mit den jeweils zuständigen Behörden eine Übergangslösung zu finden. Ebenso sollten Mitarbeiter unter Hinweis auf die mittlerweile bekannten Übertragungswege aufgefordert werden, auf Begrüßungen von Kollegen oder Angehörigen durch Handschlag oder durch Umarmungen zu verzichten. Verstoßen Mitarbeiter gegen verbindlich festgelegte Hygienevorschriften, kann dies eine Abmahnung und im Wiederholungsfalle ggf. eine Kündigung nach sich ziehen.
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Müssen Mitarbeiter im Falle einer Krankmeldung Auskunft darüber geben, ob Sie an Covid-19 erkrankt sind?
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Ja. Zwar besteht im Normalfall keine Auskunftspflicht des Mitarbeiters über den Krankheitsgrund. Selbst wenn der Arbeitgeber durch das Gesundheitsamt aufgrund der Meldepflicht informiert würde, besteht im Falle einer festgestellten Erkrankung mit Covid-19 akuter Handlungsbedarf, so dass ein geringer Zeitverzug bereits massive Folgen haben könnte. Auch bereits den Verdacht einer Infektion im näheren Umfeld müssen Mitarbeiter von sich aus offen gegenüber dem Vorgesetzten oder den dafür zuständigen Stellen im Unternehmen zu kommunizieren.
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Was passiert, wenn Kindertagesstätten und Schulen geschlossen sind?
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Die Beschäftigten in der stationären Altenpflege arbeiten im systemkritischen Bereich, sodass sie aufgrund der aktuell bestehenden Notbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen von Schließungen nicht direkt betroffen sind. Sollte die Betreuung nicht mehr gewährleistet sein, gilt: Mitarbeiter müssen nicht zur Arbeit erscheinen, wenn ihr betreuungsbedürftiges Kind wegen der Schließung der Betreuungseinrichtung nicht anderweitig versorgt werden kann. Der Mitarbeiter kann seine Arbeitsleistung also verweigern. Das trifft im besonderen Maße auf alleinerziehende Elternteile zu. Anspruch auf Vergütung gegen den Arbeitgeber haben Mitarbeiter für die Zeit aber nur, wenn sie für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“, also nur vorübergehend, nicht zur Arbeit erscheinen können. Die Regelung hierzu findet sich in § 616 BGB. Aber: Jedenfalls bei einer mehrere Wochen dauernden Schließung der Kindertagesstätte oder der Schule handelt es sich nicht mehr um eine vorübergehende Verhinderung. Die Folge ist, dass der Anspruch auf Vergütung gegen den Arbeitgeber bereits ab dem ersten Tag des Fehlens nicht besteht. Auch ist zu beachten, dass in vielen Arbeitsverträgen die Anwendung des § 616 BGB (rechtmäßig) ausgeschlossen ist.
Hier greift staatliche Hilfe. Werden Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen oder deren Betreten untersagt und müssen erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind, in diesem Zeitraum die Kinder selbst betreuen, weil sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen können, und erleiden sie dadurch einen Verdienstausfall, erhalten sie eine Entschädigung in Geld. Anspruchsberechtigte haben gegenüber der zuständigen Behörde, auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber, darzulegen, dass sie in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen können. Ein Anspruch besteht nicht, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schulferien erfolgen würde. Im Fall, dass das Kind in Vollzeitpflege nach § 33 SGB XIII in den Haushalt aufgenommen wurde, steht der Anspruch auf Entschädigung anstelle der Sorgeberechtigten den Pflegeeltern zu. Die Entschädigung beträgt 67 Prozent des dem erwerbstätigen Sorgeberechtigten entstandenen Netto-Verdienstausfalls für längstens sechs Wochen. Für einen vollen Monat wird höchstens ein Betrag von 2.016 Euro gewährt. Dieser Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz gilt bis zum 23. September 2022.
Neben dem Anspruch auf Entschädigung stehen jedem Elternteil in Jahr 2022 30 Kinderkrankentage pro Kind zur Verfügung, für Alleinerziehende sind es 60 Tage. Bei mehreren Kindern hat jeder Elternteil insgesamt einen Anspruch auf maximal 65 Arbeitstage. Für Alleinerziehende erhöht sich dieser Anspruch auf maximal 130 Arbeitstage.
Eltern können bis einschließlich 23. September 2022 Kinderkrankengeld auch dann in Anspruch nehmen, wenn ihr Kind nicht krank ist, sondern zu Hause betreut werden muss, weil Schule, Kindertagesstätte oder Kindertagespflege behördlich geschlossen sind oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt wurde. Auch wenn die Behörden den Zugang nur eingeschränkt haben oder empfehlen ein mögliches Betreuungsangebot nicht wahrzunehmen, können Kinderkrankentage genutzt werden. Anspruchsberechtigt sind auch Eltern, die im Homeoffice arbeiten könnten.
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Kann der Arbeitgeber Mitarbeiter vorzeitig aus der Elternzeit zurückholen?
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Wenn der Mitarbeiter damit einverstanden ist: Ja. Eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit ist im beiderseitigen Einvernehmen möglich. Eine einseitige Beendigung durch Anordnung durch den Arbeitgeber ist nicht möglich.
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Kann ein Arbeitnehmer die Elternzeit "wegen Corona" vorzeitig beenden, auch wenn der Arbeitgeber nicht zustimmt?
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Die vorzeitige Beendigung der Elternzeit ist unter anderem bei erheblich gefährdeter wirtschaftlicher Existenz der Eltern nach Inanspruchnahme der Elternzeit möglich. Zu wirtschaftlichen Einbußen kann es kommen, wenn ein Hauptverdiener aufgrund der Corona-Krise etwa von Kurzarbeit, von Arbeitslosigkeit oder – bei Selbständigen- von Umsatzeinbußen betroffen ist. Ob hierdurch aber die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel steht, bedarf einer Prüfung im Einzelfall. So oder so muss der Arbeitgeber aber auf einen Antrag auf vorzeitige Beendigung der Elternzeit reagieren. Einen solchen Anspruch auf vorzeitige Beendigung der Elternzeit kann der Arbeitgeber nur innerhalb von vier Wochen schriftlich aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen.
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Gelten in der Corona-Krise Besonderheiten für schwangere Mitarbeiterinnen?
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Auch in der Corona-Krise gelten die üblichen Regelungen des Mutterschutzgesetzes (MuSchuG) zum Schutz der Schwangeren und des Ungeborenen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Auswirkungen einer Infektion von schwangeren Frauen mit Covid-19 sind derzeit noch lückenhaft. Noch nicht abschließend beurteilt werden konnte, ob bei schwangeren Frauen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf besteht. Auch negative Folgen einer Infektion auf den Krankheitsverlauf nicht ausgeschlossen werden. Nähere Informationen zu der Beschäftigung von schwangeren Frauen finden Sie in den Empfehlungen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Denkbar ist auch, dass durch den betreuenden Arzt der Schwangeren im Einzelfall ein individuelles Beschäftigungsverbot im Zusammenhang mit einer drohenden Corona-Infizierung ausgesprochen wird.
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Kann der Arbeitgeber Nebentätigkeiten aus aktuellem Anlass untersagen, weil er zusätzliche Infektionsrisiken für Mitarbeiter befürchtet?
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Möglich ist eine Untersagung einer ansonsten zulässigen Nebentätigkeit nur, wenn eine konkrete Gefahr der Ansteckung besteht, eine abstrakte Gefahr der Ansteckung reicht nicht.
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Sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats eingeschränkt?
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Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht in Notfällen nicht. Ansonsten bleibt es – insbesondere bei der Festlegung der Dienste und bei Regelungen über den Gesundheitsschutz – bei der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Arbeitgeber und Betriebsrat sind im Sinne des Allgemeinwohls, im Sinne der Mitarbeiter und im Sinne der Bewohner gut beraten, pragmatische Lösungen zur Umsetzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu finden. Mitbestimmung ist kein Selbstzweck.
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Bis zu welcher Grenze dürfen Corona-Schutzmaßnahmen Mitarbeiter belasten?
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Pflegeeinrichtungen haben die erforderlichen Hygiene- und Umgangsregeln im Zusammenhang mit dem Schutz von Bewohnern und Mitarbeitern umzusetzen und die Umsetzung in den Einrichtungen angemessen zu überwachen. Die Anordnung solcher Maßnahmen unterfällt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat allerdings darauf zu achten, dass Arbeitnehmer im Einzelfall nicht unzumutbar belastet werden. Ein solcher Fall der unzumutbaren Belastung liegt beispielsweise vor, wenn das Tragen einer Atemmaske bei einem Asthmatiker gesundheitlichen Problemen auslöst. Das Direktionsrecht findet insoweit seine Grenze, wo das berechtigte individuelle Interesse des betroffenen Mitarbeiters überwiegt.
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Darf der Betriebsrat beim Einsatz von Ehrenamtlern mitbestimmen?
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Generell nein. Ausnahmsweise kann jedoch beim Einsatz von Ehrenamtlern eine mitbestimmungspflichtige „Einstellung“ vorliegen, wenn die Ehrenamtler so eng in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert werden, dass der Arbeitgeber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen Entscheidungen über Art, Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat und in diesem Sinne die Personalhoheit über den Ehrenamtler besitzt.
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Wann ist ein Betriebsrat nicht mehr beschlussfähig?
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In der Krise bleibt ein Betriebsrat auch mit verringerter Mannschaft handlungsfähig, wenn z.B. durch Corona bedingte Verhinderungen (Erkrankungen, vorsorgliche Quarantäne) zahlreicher werden. Er bleibt solange beschlussfähig, wie die Mehrheit seiner gewählten Mitglieder an einer Sitzung teilnehmen kann. Bei einem fünfköpfigen Betriebsrat also mindestens 3 Personen, bei einem siebenköpfigen Betriebsrat also mindestens 4 Personen usw. Darüber hinaus kann eine befristete Erklärung des Arbeitgebers, auf die Anfechtung von Betriebsratsbeschlüssen aus formalen Gründen (z.B. weil nicht genügend Betriebsratsmitglieder daran mitgewirkt haben) zu verzichten, Druck von der Betriebsratsarbeit nehmen.
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Dürfen jetzt noch Betriebsversammlungen stattfinden?
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Bei gesundheitlich bedingten Versammlungsverboten ist das Abhalten von Betriebsversammlungen nicht mehr möglich. Auch bei gelockerten versammlungsrechtlichen Vorgaben stellt es derzeit keinen Pflichtenverstoß des Betriebsrates dar, auf Betriebsversammlungen zu verzichten bzw. diese auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Die Nutzung andere Informations- und Kommunikationswege kann und sollte in dieser Krise eindeutig im Vordergrund stehen.