Lutz Michel, Rechtsanwalt
29. Sep 2013 | Blog
Pflegeheim - Finanzen: Statt mehr Kontrolle - mehr Geld für die Einrichtungen!

Solche Forderungen gehen am Problem vorbei: Schon jetzt beinhalten einige Landeseinrichtungsgesetze die Verpflichtung zur Offenlegung wirtschaftlicher Sachverhalte. Mit dem Schreckgespenst "Insolvenzrisiko" nehmen die erwähnten Forderungen groteske Züge an: Seien es nun Wirtschaftsbeiräte unter Ägide der Kassen oder der Heimaufsichten oder vielleicht neue "Landesämter für die wirtschaftlichen Kontrolle von Altenhilfeeinrichtungen" - man hat den Eindruck, die Phantasie der (selbst ernannten) "Bewohnerschützer" ist unerschöpflich.
Dabei gilt doch eins nachwievor: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Es sind nicht die "bösen" und betriebswirtschaftlich "blinden" Träger und Investoren, die die Ursache von vereinzelten wirtschaftlichen Schieflagen - bedingt aus welchen Gründen auch immer - oder qualitativen Missständen sind: Es ist das Versagen der Politik, der Gesetzgeber und der zuständigen Organisationen und Institutionen, Rahmenbedingungen für die Einrichtungsträger und ihre Investoren zu schaffen, innerhalb derer qualitativ hoch stehende und wirtschaftlich fundierte Angebote gemacht werden können.
Dabei verstärkt sich der Eindruck, dass vielfach genau das Gegenteil getan wird:
Sicherlich trägt die politische Linie in NRW, sich mit dem GEPA gänzlich von einer Ausweitung der stationären Altenhilfe zu verabschieden und bestehende Kapazitäten zu reduzieren ("Deckelung" + "Angebotsreduzierung"!) mit gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen für die Träger und ihre Investoren nicht dazu bei, wirtschaftliche Stabilität zu schaffen. Man darf gespannt sein, was in der noch unbekannten Durchführungsverordnung zum Altenpflegegesetz, das diesen Paradigmenwechsel weg von stationär hin zu "ambulant total" in seinen finanziellen Rahmenbedingungen fixieren soll, steht.
In Baden - Württemberg stellt sich die Frage, ob der Entwurf des WTPG, der aktuell heiß diskutiert wird, mit seinem differenzierten Anforderungen an Wohngemeinschaften und "Kleinstheime" wirklich der Königsweg ist, flächendeckend qualitativ hoch stehende Versorgung zu ermöglichen. Den Fehler den man in NRW vermieden hat, nämlich Ordnungsrecht und Pflegerecht auseinander zu dividieren, scheint man in Baden-Württemberg zu machen: Dort liegt der Fokus auf dem Ordnungsrecht, wobei übersehen wird, dass Ordnungs-, Leistungs- und Landespflegeförderrecht ineinandergreifen müssen, um die Zielsetzung möglichst optimaler Daseinsvorsorge im Bereich der Altenhilfe zu erreichen. Und Thüringen, wo derzeit ein neues Gesetz - das letzte der neuen Landesheimgesetze - gerade entsteht, hinterlässt auch Ambivalenz: Einerseits ist zu begrüßen, das eine Abstufung der Angebotsformen in Hinblick auf Anforderungen und behördliche Kontrolle erfolgt und insbesondere auch selbstorganisierte Wohnformen und Wohnformen, die lediglich eine obligatorischer Verbindung von Wohnen und den so genannten allgemeinen Unterstützungsleistungen beinhalten, von der Geltung des Gesetzes ausgenommen werden. Andererseits ist die Fülle der unbestimmten Rechtsbegriffe Legion. Man hat den Eindruck, dass der Gesetzgeber - besser: die Landesregierung - versucht, strukturelle Abhängigkeit in allen denkbaren Facetten gesetzlich zur regeln. Ob dies hilft und zielführend ist, ist sehr zu bezweifeln. Jedenfalls begibt man sich wohl nicht auf den Weg, stationäre Einrichtungen qua Ordnungsrecht zu strangulieren.
Die Jahrtausend - Aufgabe oder besser: Jahrhundert - Aufgabe der Schaffung nachhaltiger Strukturen und Finanzierungsgrundlagen für ambulante und stationäre Anbieter vor dem Hintergrund zunehmenden Pflegebedarfs in der Bevölkerung, abnehmender finanzieller Mittel, abnehmender personeller Ressourcen und zunehmender Frustration bei den Anbietern und ihren Mitarbeitern muss ganzheitlich angegangen werden. Die punktuellen ordnungsrechtlichen Versuche unter dem Deckmantel "Schutz der Bewohner" vor wem oder was auch immer sind kontraproduktiv. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht nur die Träger noch stärker als bisher unter staatliche Aufsicht gestellt werden sollen, sondern auch die Immobilieinvestoren. Weder sind es die "bösen" Träger, noch die "bösen" Eigentümer, die an der Misere der Pflege in Deutschland die Schuld tragen. Die dies postulierenden Stimmen aus Richtung der Politik und aus Richtung der die Einrichtungen finanzierenden Kassen lenken ab; sie gilt es final in die Schranken zu verweisen. Es bedarf keiner besonderen Kontrollregeln für "Einrichtungswirtschaftlichkeit" abgeleitet aus Missständen, für die vielleicht zwei Hände voll Einrichtungen von mehr als 13.000 stationären Einrichtungen in Deutschland herhalten müssen. Wir alle sollten Prozentrechnen können: 10 von 13.000 sind nicht einmal 0,1 % aller stationären Einrichtungen. Da gibt es wahrlich deutlich gravierendere Probleme in der Pflegewirtschaft, die Aktivitäten verlangen! Ein wesentliches ist, Trägern und ihren Investoren hinreichend Mittel und Zukunftssicherheit zu geben!

Bücher
Investitionskosten - Finanzierung
Finanzielle Aufwendungen für betriebsnotwendige tatsächliche Investitionen können in den Pflegesatz eingerechnet werden. Diese Tatsache klingt zunächst einfach, stellt sich aber in der konkreten Anwendung vielschichtig und im Detail als schwer zu durchdringende Materie dar. Jeder, der im Management von Altenhilfeeinrichtungen wirtschaftlich verantwortlich ist, sollte sich mit der Verrechnung der Investitionskosten auskennen, um alle Möglichkeiten der Pflegesatzgestaltung zu nutzen. Das Buch stellt nicht nur alle wesentlichen landesrechtlichen Bestimmungen dazu detailliert vor, sondern es beinhaltet auch eine Artikelserie, die in stark komprimierter Form alle wesentlichen Aspekte verständlich und hoch sachkompetent vermittelt. Autor Karsten Kienitz hat hier seine Erfahrungen als Rechtsanwalt und Pflegesatzspezialist genutzt, damit das Thema Investitionskosten zu einer nutzbringenden Materie für alle Leser wird.
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